ZIMBABWE NETZWERK e.V.

Hoffnungsschimmer

von Rolf Hübner

Am 14. Juni 2007 kamen zwei engagierte Zimbabwer in den Kultur-Bahnhof Bochum-Langendreer - eine Kooperationsveranstaltung von ESS-München (Ecumenical Support Services for Zimbabwe), der BISA (Bochumer Initiative Südliches Afrika) und dem Zimbabwe Netzwerk. Sie berichteten vor einem runden Dutzend besonders Interessierter von dem, was heutzutage Sache ist in Zimbabwe, genauer: Wie man dort überhaupt noch so etwas wie politische Arbeit machen kann ohne vor die Wand zu laufen.

Die beiden Gäste kamen von der CHRA (Combined Harare Residents Association), einer parteipolitisch unabhängigen Bürgerbewegung, die sich für die Rechte der Mieterinnen und Mieter, aber auch der Hauseigentümerinnen und -eigentümer in der Hauptstadt und ihrer urbanen Umgebung einsetzt.

Seit 1998 geht die CHRA gegen Benachteiligungen und Ungerechtigkeiten bei der Gebührenerhebung und Gebühreneintreibung vor. Dazu gehören rechtliche Beratung und Vertretung, aber auch schlichte Dokumentation und Information der insgesamt 3,5 Millionen Einwohner von Harare/Chitungwiza und ihren Vorstädten.

Nun könnte man natürlich sagen, ein Mieterverein ist etwas überaus Langweiliges ... nicht so in einem Land, in dem Parteipolitik im Freund-Feind-Schema völlig gefangen ist!

So ließen die Beiden uns, die uns alle mehr als nur bloßes Interesse mit Zimbabwe verbindet, aus erster Hand etwas über die aktuelle gesellschaftliche und politische Situation in Zimbabwe erfahren.

Ein Staat, der bankrott ist, muss sich so dringend irgendwie finanzieren, dass er auch seinen Bürgerinnen und Bürgern in die Taschen greift, wo es nur geht. So gibt es überhöhte Wasserrechnungen und Stromrechnungen, gegen die sich Einzelne nicht wehren können. Und wenn sich jemand weigert zu zahlen oder einfach nicht mehr dazu in der Lage ist, wird eiskalt alles abgedreht.

Da ohnehin nur wenige Stunden am Tag Energie und Wasser zur Verfügung stehen, müssen die Menschen bereits Verknappungen in Kauf nehmen. Das sind sie inzwischen gewöhnt und stecken es irgendwie weg - man fragt sich manchmal, wie sie das überhaupt alles schaffen. Wenn aber dann für nicht vollbrachte städtische Dienste gelöhnt werden soll, ist das die reinste Abzocke.

Und hier stellt sich dann der Mieterverein CHRA quer, der zu aller Überraschung sage und schreibe 10.000 offiziell eingeschriebene Mitglieder zählt, keine zu vernachlässigende Größe. Er organisiert Bürgerproteste und setzt Wiederanschluss an die städtischen Netze und Anpassung der Gebühren-rechnungen an die tatsächlich gelieferten Mengen durch. Wir sollten also doch eher von einer Bürgerbewegung reden.

Eine besonders freche Aktion gelang in Zusammenhang mit einem Abwasserrohrbruch, der eine Siedlung tagelang in Gestank einhüllte, ohne dass sich jemand von der Stadt um Reparatur bemühte. Also wurden Hunderte von Eimern mit dem ausgelaufenen Abwasser gefüllt und vor dem zuständigen Büro der Bezirksverwaltung ausgegossen. Und siehe da: Am nächsten Tag war das Rohr wieder dicht. Ein kleiner Triumph.

Trotzdem wird CHRA anscheinend (noch) nicht als Oppositionsbewegung eingestuft, denn es gibt Anfragen, bei denen leitende Beamte Vertreter des Mietervereins um Rat fragen und Gremien sie in Entscheidungsprozesse beratend mit einbeziehen.

So gaben die beiden Männer an, dass die CHRA wohl momentan die einzige Organisation sei, die sowohl von ZANU/PF-Leuten als auch von MDC-Mitgliedern als Ansprechpartnerin angesehen wird, um vermittelnd tätig zu werden, wenn es um Bürgerbelange geht. Besonders der Kontakt zu Parlamentariern sei hier wichtig und werde immer bedeutender.

So wird der Tätigkeitsbereich der eigentlich als Gebührenzahlervertretung registrierten Vereinigung langsam immer mehr ausgeweitet, ohne dass man sich von einer der politischen Seiten vereinnahmen lassen will.

Eine Reihe von Selbsthilfegruppen und so manche Bürgerinitiative werden von CHRA-Verantwortlichen koordiniert und unterstützt. So engagiert sich Joseph, einer unserer Gäste, im Stadtteil Mabvuku für ein kleines AIDS-Waisenhaus. Andere organisieren ihre Einkäufe zusammen und diskutieren Lösungs-möglichkeiten für alltägliche Probleme gemeinsam. Alles offenbar konstruktive Beiträge zur gesellschaftlichen Dynamik.

Kein Grund zum Jubeln? Ich denke, das haben Hoffnungsschimmer so an sich, dass sie zwar nichts von erlösendem Jubel haben, dass man sich aber an ihnen in aller Verzweiflung festklammern kann. Und Selbstbehauptung ist schließlich eine der grundlegenden Tugenden einer demokratischen Entwicklung, die sich alle mit jedem Tag sehnlicher herbeiwünschen.

Wer weitere Informationen direkt nachlesen will, kann dies bei www.chra.co.zw oder bei www.kubatana.net tun.


Letzte Änderung: Tuesday, 07-Aug-2007 21:04:44 CEST
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14.4.2007 Solidarität mit Zimbabwe