ZIMBABWE NETZWERK e.V.

Ruth Weiss: Zimbabwe vor der Wahl (35)

Kolumne 35

Einen Triumph über die Demokratie nannte Petina Gappah, Anwältin und begnadete Schriftstellerin ("An Elegy for Easterly"), den mit 61% gegenüber 34% erstaunlich hohen Sieg von Robert Mugabes Zanu-PF über ihre Gegner. Ein Sieg, den AU und SADC als "frei und friedlich" akzeptierten - nicht als frei und fair- während sie die Opposition aufforderten, das Ergebnis zu akzeptieren.

Die SADC ist allerdings gespalten - der Bericht der 80-köpfigen Mission Botswanas veranlasste die botswanische Regierung, eine Überprüfung der abgegebenen Stimmen zu fordern. Während der Chef der SADC-Mission der Rechtsanwälte die Presse dafür kritisierte, SADC die Schuld zu geben, ohne den detaillierten offiziellen Bericht abzuwarten, verlor Südafrikas Präsident keine Zeit, Mugabe zu gratulieren. Der frühere Präsident Thabo Mbeki ist mit der Mission der AU einer Meinung, die auf einige "Unregelmäßigkeiten" hingewiesen hatte, vertrat aber den Standpunkt, ZimbabwerInnen hätten das Recht, sich ihre Führung selbst auszusuchen. Andere warfen den Briten vor, Mugabe 1980 überhaupt akzeptiert zu haben - obwohl es dazu damals wirklich keine Alternative gab - und später nicht interveniert zu haben, weder bei den Massakern im Matabeleland noch später bei der Landenteignung.(1)

Es gibt nicht viel, was man als Außenstehender tun könnte, jetzt, wo Zanu-PF die verfassungsändernde Macht hat, jede Opposition der Vergessenheit anheim zu geben. Jedwede weitere Mediation durch SADC werde nicht akzeptiert, sagte Patrick Chinamasa (Zanu-PF).(2)

Der britische Außenminister William Hague äußerte seine Bedenken wegen der Regelwidrigkeiten, so auch die EU und Australien, während der US-amerikanische Außenminister John Kerry sagte, die Wahl reflektiere nicht den Volkswillen.(3) Andere Kommentatoren fanden, MDC habe in den vier Jahren der Koalitionsregierung mit Zanu-PF ihre Zugkraft verloren.

Es war unvermeidlich, dass Mugabes den Westen abkanzelte, als er ihn wie üblich beschuldigte, die MDC zu finanzieren (seine eigene massive Unterstützung durch China und chinesische Diamentengeschäfte geflissentlich ignorierend).(4)

Unter jenen, die das Wahlergebnis als Betrug anprangerten, waren die britische Action for Southern Africa (Actsa) und die Federation of Unions for South Africa (Fedusa). Fedusa-Beobachter Elias Bila, der zum Taem des Southern African Trade Union Coordination Council (SATUCC) gehörte, wies darauf hin, dass viele Leute im regulären Wählerverzeichnis nicht verzeichnet waren, während andere, die in einem separaten Verzeichnis gelistet waren, wählen durften. Zudem wurden die Stimmen in einigen Fällen von Polizisten ausgezählt statt von der zuständigen Zimbabwe Electoral Commission (ZEC). Angeblich hätten Wähler auf dem Land nach dem Urnengang Personalausweise weggeworfen - Ausweise von Verstorbenen, die man ihnen gegeben hatte, um damit zur Wahl zu gehen. Andere behaupteten, man habe sie aufgefordert, im Wahllokal Unterstützung beim Ausfüllen des Stimmzettels zu erbitten.(5)

Die Bekanntmachung des erdrutschartigen Siegs von Zanu-PF durch die ZEC am 2. August hinterließ enttäuschte Wähler und fassungslose, niedergeschlagene Oppositionsparteien. Auf dem Papier ist gar das Unmögliche verzeichnet: Demnach hätte Matabeleland, dessen Bewohner Zanu-PF seit dem Gukurahundi-Massaker der 1980er verabscheuen, geschlossen Zanu-PF gewählt! Und in früheren MDC-Hochburgen wie Manicaland hat die Partei schwerste Verluste erlitten. Obwohl es im Vorfeld schon zahlreiche Anschuldigungen von Wahlmanipulation gegeben hatte, die am Wahltag selbst noch zunahmen, hat niemand einen derart gründlichen Betrug erwartet. Für Morgan Tsvangirai, den Vorsitzenden der MDC, könnte es durchaus das Ende in der Politik bedeuten.(6)

In einer vierminütigen Aufzeichnung vom Wahltag stellte der frühere Finanzminister Tendai Biti (MDC) die Rechtmäßigkeit von Busladungen junger Wähler aus dem fernen Manicaland bei einem Wahllokal in Mt. Pleasant in Frage, als er einen Offiziellen der ZEC befragte, der zugab, die Wähler seien nicht registriert. Dennoch wurde beobachtet, wie sie sich in die Schlangen einreihten und dort bevorzugt bedient wurden, was der ZEC-Mann damit begründete, sie hätten bereits Wahlzettel gehabt.(7)

Zim Mail schrieb, nicht die Gewaltfreiheit habe nun im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit zu stehen, sondern eine Prüfung des Wählerverzeichnisses.(8) Diesbezüglich hielt das Zimbabwe Information Centre in Sydney folgende Auffälligkeiten fest:

  • Ein überaus mangelhaftes Wählerverzeichnis mit einer enormen Anzahl von sehr alten Menschen im Verhältnis zu den Jungwählern, denen zu Tausenden die Bürgerrechte aberkannt wurden, als man sie an der Registrierung hinderte;
  • das Wählerverzeichnis war - rechtswidrig - erst Stunden vor der Wahl zur Ansicht bereit, was eine eingehendere Prüfung unmöglich machte;
  • Wähler wurden in Bezirken registriert, die von ihrem Wohnort weit entfernt lagen, was dazu führte, dass fast 40% der Wahlwilligen unverrichteter Dinge wieder gehen mussten;
  • Wähler, die mit Bussen in städtische Wahlbezirke wie Harare South oder Epworth gefahren wurden, hatten Registrierungsbescheinigungen, obwohl ihre Namen nicht im Wählerverzeichnis standen;
  • ungeklärte Fälle, besonders in Farmgebieten. Außerdem wurden 34% mehr Stimmzettel gedruckt, als laut Verzeichnis benötigt worden wären.

Einer der neun ZEC-Mitglieder, Mkhululi Nyathi, ist zurückgetreten, weil er mit dem Gebaren der Kommission nicht einverstanden ist. Ihm folgte ein weiterer Kommissar, Geoff Feltoe, der sagte, er wolle sich um seine akademischen Interessen kümmern. MDC erklärte, sie werde SADC ein Dossier mit den Rechtswidrigkeiten überreichen und auch rechtliche Schritte einleiten. Diese Maßnahmen werden vermutlich wenig fruchten.(9)

Das Wählerverzeichnis - über das Generalregistrar Tobaiwa Mudede bei einer Pressekonferenz keine Fragen zuließ - scheint der Schlüssel zu dem Wahlbetrug zu sein, enthält es doch:

  • eine Million Verstorbene und eine hohe Zahl von Wählern in der Diaspora;
  • mehr als 350.000 Menschen im Alter von über 85 Jahren sowie 109.000 über Hundertjährige - in einem Land mit einer durchschnittlichen Lebenserwartung von 50 Jahren;
  • 838.000 Doppeleinträge: Name, Adresse und Geburtsdatum sind identisch, der Unterschied besteht in den Personalausweisnummern - sämtlich durch die Generalregistratur vergeben;
  • 500.000 Menschen zogen von ihrem Wohnort in einen anderen Wahlbezirk;
  • 45.000 Personalausweisnummern sind ohne Zustimmung ihres Besitzers geändert worden. Zanu-PF hat vor den Wahlen Hunderttausende von Menschen von ihren Wohnorten in strategisch wichtige Bezirke gebracht. Eine Million Menschen erhielten Boden auf enteignetem Farmland in städtischen Randgebieten, während die Partei umgekehrt an Obdachlose städtischer Slumgebiete kleine Grundstücke vergab und drohte, sie ihnen wieder abzunehmen, falls sie nicht für die Partei stimmten. Vergeltungsaktionen gegenüber MDC-Wählern haben nach den Wahlen begonnen. Vor der Parteizentrale der MDC steht Bereitschaftspolizei.(10)

MDC erhielt erst am Wahltag - und nur aufgrund einer einstweiligen Verfügung - eine Kopie des Wählerverzeichnisses, allerdings in Papierform. Eine Prüfung der sechs Millionen Einträge wäre mit einer digitalen Version weit einfacher.(11)

Wie es Zanu-PF-Maulwurf Baba Jukwa zusammenfasste: Mugabes As war das Wählerverzeichnis.(12)

Verschiedenste Fragen kommen nun auf, insbesondere die Wirtschaft betreffend: Wird Zanu-PF mit ihrer räuberischen Strategie fortfahren, mit der sie die Elite bereichert und den Rest des Landes vor die Hunde gehen lässt? Wird Mugabe wie versprochen den Zimbabwe-Dollar wieder einführen? Wird die Indigenisierungspolitik Aufwind bekommen? Werden sich Investoren und die westliche Entwicklungshilfe zurückziehen? Falls ja, wird sich Zanu-PF dann zu einer Kursänderung gezwungen sehen? Falls nein, wird sich das Volk dann gegen seine Regierung erheben? Bis jetzt ist das Volk bemerkenswert fügsam geblieben, besser gesagt: eingeschüchtert.

Übersetzung: Sabine Fiedler-Conradi

  1. The Zimbabwean 6.8, DA-Zameye 4.8, Daily Mail 4.8, 7.8
  2. SW Radio Africa 3.8
  3. ABC Radio Australia 3.8, Xinhuan 3.8, BBC 3.8
  4. SW Radio Africa 7.8
  5. SW Radio Africa 5.8, 7.8
  6. latimes.com 3.8, AFP 3.8, SW Radio Africa 3.8, Sokwanele 4.8
  7. ZimEye, 2.8
  8. Zim.Mail 4.8
  9. BBC 3.8,Mail and Guardian 3.8, SW Radio Africa 7.8
  10. SW Radio Africa 7.8
  11. SW Radio Africa 3.8
  12. The Zimbabwean 6.8


Letzte Änderung: Tuesday, 13-Aug-2013 13:50:04 CEST [an error occurred while processing this directive]