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Ruth Weiss: Zimbabwe vor der Wahl (29)

KOLUMNE 29

Wahlen

Der Graben zwischen Zanu-PF und den beiden MDC wegen des Wahltermins vertieft sich, insofern Präsident Mugabe entschlossen zu sein scheint, Weisungen der SADC zu ignorieren.(1) Inmitten der Konfusion flog der Präsident zu ärztlicher Behandlung nach Singapur, nur zwei Wochen nach seiner Rückkehr aus dem Fernen Osten.(2)

Auf ihrem Maputo-Gipfel am 15. Juni hatte die SADC eine Verschiebung des Wahltermins um zwei Wochen zum 14. August sowie die vollständige Umsetzung des Global Political Agreement (GPA) von 2008 noch vor den Wahlen beschlossen, mit Rückendeckung von Südafrikas Präsident Jacob Zuma.(3) Robert Mugabe und seine Partei bestehen aber auf einem Kurs ohne die GPA-Reformen. Da das Parlament am 28. Juni um Mitternacht aufgelöst wird, konnten die Gesetzesänderungen nicht vorgenommen werden. Es ging dabei um den Access to Information and Protection of Privacy Act, den Public Order and Security Act, die Rundfunk-, Polizei- und Verteidigungsgesetzgebung sowie weitere Gesetze, die Wahlangelegenheiten berühren.(4) Die Frage der Pressefreiheit ist auch wieder aufgebrochen; Zanu-PF beherrscht die Medien über staatlich kontrollierte Körperschaften. Obwohl der Informationsminister sich lange gegen Lizenzausgaben gestemmt hat, erhielten zwei Rundfunkhäuser nun Lizenzen, beide mit Verbindungen zu Zanu-PF.(5)

Trotzig betrachtet Zanu-PF die SADC-Beschlüsse als irrelevant und SADC als unfähig, sich in zimbabwische Angelegenheiten einzumischen, wie Zanu-PF-Kolumnist Nathaniel Manheru es ausdrückte.(6) Wegen der Unaufrichtigkeit der Regierung gegenüber SADC und der internationalen Gemeinschaft äußerte der Vorsitzende des US-Senats-Unterausschusses für auswärtige Beziehungen bei einer Zimbabwe-Anhörung Bedenken bezüglich der Gewährleistung freier und fairer Wahlen.(7)

Justizminister Patrick Chinamasa hat beim Verfassungsgericht (Concourt) eine 14-tägige Verlängerung des Wahltermins beantragt, wie es SADC empfohlen hatte. Allerdings fügte er hinzu, dies geschehe auf Verlangen der SADC und zwar ohne triftigen Grund - eine deutliche Einladung an das Gericht, den Antrag abzuweisen.(8) Die Fraktionen der MDC stellten einen eigenen Antrag. Das Gericht wollte zunächst beide am 28. Juni hören, verlegte sie dann aber zusammen mit vier weiteren Fällen in derselben Angelegenheit auf den 4. Juli.(9) Experten sehen darin einen Rückschlag für Tsvangirai, da sein Argument, es werde Zeit für die Reform gebraucht, mit der Auflösung des Parlaments am 28. Juni hinfällig werde. Die Koalitionsregierung ist in der Kritik, weil sie die Reformen in den vier Jahren ihrer Amtszeit nicht umgesetzt hat.(10)

Der von Mugabe verkündete Julitermin ließ dem Parlament keine Zeit für die Wahlrechtsänderungen und Reformen, umging als Präsidialdekret außerdem das Parlament und enthielt ferner Bestimmungen, die Chinamasa eingefügt hatte: erstens die Verkürzung der Registrierungsphase für Wahlberechtigte und zweitens die Beseitigung jener Bestimmung, die eine Stimmabgabe in mehr als einem Wahlkreis verhindern sollte.(11)

Die Koalitionspartner hatten eigentlich vereinbart, Chinamasas Antrag zu ersetzen. Dies und weitere Fragen, die sich aus dem Gipfeltreffen ergeben hatten, standen am Morgen des 21. Juni auf der Tagesordnung einer Sitzung der Parteivorsitzenden. Premier Morgan Tsvangirai und Prof. Welshman Ncube warteten allerdings mit ihren Beratern den ganzen Vormittag über vergeblich auf den Präsidenten.(12) Hierdurch signalisierte Mugabe seine Geringschätzung sowohl der SADC-Empfehlungen als auch seiner Koalitionspartner. (13) Wichtiger als das Treffen war ihm die Eröffnung einer Feierlichkeit zur Übergabe von 16 Mio. US$ für Straßenarbeiten durch China.(14) Sein Sprecher aber sagte, es sei nicht wahr, dass Mugabe die MDC-Vorsitzenden von 10 bis 13 Uhr warten ließ. Mugabe sei nach Erledigung von Amtsgeschäften am Nachmittag ins Parlamentsgebäude gekommen, nur um festzustellen, dass seine Koalitionspartner das Treffen abgebrochen hätten. Dies wurde von beiden MDC-Fraktionen energisch bestritten.(15)

Nach diesem Vorfall machte Tsvangirai beim Verfassungsgericht eine eigene Eingabe.(16) Insgesamt warten jetzt sechs Anträge auf die Verhandlung, die nun am 4. Juli stattfinden soll.(17)

Wählerregistrierung

Finanzminister Tendai Biti wirft dem Generalregistrar Tobaiwa Mudede vor, die Wählerregistrierung nicht korrekt durchzuführen, trotz der 20 Mio. US$, die der Behörde zur Verfügung gestellt wurden.(18) Die Registrierung wurde unsachgemäß auf Distrikt- statt auf der Ebene der kleineren Wards vorgenommen, wie es die Verfassung eigentlich vorsieht. Anstatt dass die Registrierung nun vereinfacht worden wäre, wird sie zu einer mühsamen Geduldsprobe für die Wähler, die sich mit endlosem Papierkram herumschlagen müssen. Es sieht so aus, als ob der bürokratische Hindernislauf darauf abzielte, Wählern in MDC-Hochburgen die Bürgerrechte zu verwehren. In städtischen Gebieten geht die Registrierung quälend langsam voran, während sie in ländlichen Gebieten zügig vonstattengeht.(19)

Die Vorsitzende der Zimbabwe Election Commission (ZEC), Richterin Rita Makarau, erklärte vor SADC-Beobachtern, ZEC sei bereit für die Wahlen und die Registrierung liefe gut.(20) Dieser Sicht widersprach der parlamentarische Ausschuss für Verteidigung und Inneres nach seinem Besuch einiger mobiler Zentren. Der Vorsitzende sagte, aufgrund verschiedener Verzögerungen würden Tausende nicht registrieren können. Dies bestätigt Beschwerden aus der Anwohnerschaft, die die lahmende Registrierung, bei der täglich weniger Leute registriert werden, für Etikettenschwindel halten. Es heißt, Zanu-PF halte den Fortgang auf, beispielsweise, indem Menschen aus Randgebieten mit Bussen nach Harare gebracht würden und der Andrang dort die Ortsansässigen an der Registrierung hindere.(21)

Einem vormaligen Mitglied des Kommissariats der Zanu-PF zufolge ist Wahlmanipulation im Gange, wie etwa im Wahlkreis von Didymus Mutasa. Demnach werden Namen oder Adressen von mutmaßlichen MDC-Wählern geändert - besonders in den sogenannten "swing constituencies", wo Zanu-PF knapp gewonnen oder verloren hat - sodass diese veränderten Einträge dann am Wahltag die Stimmberechtigung ungültig machen. Auf dem Land wird den Leuten erzählt, sie müssten sich am Wahltag hinter ihren Chiefs aufstellen, so dass Abwesende und all jene, die anderswo wählten, als MDC-Anhänger gelten.(22)

Angeblich wurde das Harare-Büro des israelischen Unternehmens Nikuv International Projects von Zanu-PF mit der Fälschung des Wählerverzeichnisses beauftragt. Mudede hatte gesagt, die Namen von nahezu einer Million Verstorbenen seien gelöscht worden, aber es gibt Befürchtungen, dass in MDC-Hochburgen die Namen von Tausenden von Berechtigten entfernt wurden.(23)

Donald Y. Yamamoto, Acting Assistant Secretary im Amt für afrikanische Angelegenheiten der USA, sagte bei einer Anhörung zu Zimbabwe, dass "Berichte darauf hindeuten, dass in politischen Parteien und im Sicherheitsapparat bereits damit begonnen wurde, Wähler einzuschüchtern und den Wahlausgang auf ungesetzliche Weise zu gestalten. Dazu gehören ein besorgniserregender Trend zu Festnahmen und Inhaftierungen sowie die Schikanierung von Organisationen und Individuen, die zu Menschenrechten, Wahlhilfe und ähnlichen Themen arbeiten. " (24)

Parteiangelegenheiten

Zanu-PF war nach dem tödlichen Verkehrsunfall ihres Angeordneten Edward Chindori-Chininga erschüttert, dessen Tod schon seit Wochen durch den anonymen Baba Jukwa vorhergesagt worden war, dessen Blog eine enorme Anhängerschaft gewonnen hat. Es gab Verwirrung (25) wegen der Vorwahlen, die wegen Mangels an Büromaterial auf den 27. Juni verschoben werden mussten (26), was unterlegenen Kandidaten keine Zeit für Einsprüche ließ.(27)

Sowohl Zanu-PF als auch MDC-M wird von eigenen Mitgliedern vorgeworfen, ihnen auf undemokratische Weise Kandidaten vorzusetzen.(28) Die Mail & Guardian brachte einen Bericht über Vorgänge in der Zanu-PF bezüglich der Kandidaturen, wonach es bei der Auswahl "Bestechungsvorwürfe, Vetternwirtschaft sowie Drohungen und Intrigen aller Art" gäbe. (29)

Zwei Journalisten der Daily News wurden von Zanu-PF-Aktivisten festgehalten, die über eine Demonstration berichten wollten.(30) Die Internationale Föderation der Journalisten und das Medieninstitut Südliches Afrika (Misa) äußerten Besorgnis bezüglich der Sicherheit von Journalisten während des zimbabwischen Wahlkampfes.(31) Zwei Mitarbeiter von ZimRights, die der illegalen Wählerregistrierung und weiterer Vergehen angeklagt waren, sind freigesprochen worden; weitere vier stehen noch unter Anklage.(32)

Wahlkampf

Der Wahlkampf ist in vollem Gange.

Ein kritischer Rückblick auf die Koalitionsära zeigt auf, dass politische Themen dominierten, während Versorgungs- und Dienstleistungsfragen vernachlässigt wurden. Die Wirtschaft ist in der Krise, bei hoher Arbeitslosigkeit, Verarmung der Bevölkerungsmehrheit und kaum funktionierenden Versorgungsbetrieben.(33)

Ranghohe Armeeoffiziere, die sich seit Monaten verfassungswidrig auf die Wahlen vorbereiten, sind startbereit, um in den Provinzen an der Spitze der Kampagne für einen Wahlsieg der Zanu-PF zu sorgen.(34) Traditionelle Führer und Provinzgouverneure wurden von Mugabe mit schwerer landwirtschaftlicher Ausrüstung beschenkt, damit sie ihn unterstützen. Von den Chiefs wird erwartet, dass sie ihre Leute zur Unterstützung von Zanu-PF nötigen.(35)

Der vielleicht deutlichste Gewinner noch vor den Wahlen ist der mysteriöse Baba Jukwa, der auf Facebook immer noch Zanu-PF-Geheimnisse ausplaudert und schon eine Gefolgschaft von über 180 000 um sich gesammelt hat. Als erklärtes Zanu-PF-Mitglied sagt er, bei einer übereilten Wahl werde "seine" Partei den gesamten Wahlapparat kontrollieren.(36)

Landfrage

Südafrikas Verfassungsgericht lehnte die Berufung der zimbabwischen Regierung gegen ein Urteil des Hohen Gerichts ab. Es ging um die Klage ehemaliger kommerzieller Farmer gegen die entschädigungslose Enteignung ihrer Ländereien, die von einem - inzwischen aufgelösten - SADC-Tribunal als rechtswidrig eingestuft wurde. Nun ist es möglich, Grundstücke im Besitz des zimbabwischen Staates in Südafrika zu verkaufen, um auf diesem Wege eine Entschädigung zu erlangen.(37)

(Übersetzung: Sabine Fiedler-Conradi)

  1. tp://www.iol.co.za/23.6
  2. SW Radio Africa 25.6
  3. New Zimbabwe 21.6
  4. SAPA-AFP 21.6
  5. Daily News 24.6
  6. New Zimbabwe 22.6
  7. News24, 24.6
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  9. SW Radio Africa 26.6, 27.6, Daily News 23.6
  10. Voice of America 27.6
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  12. Daily News 23.6
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  15. Zimbabwean UK 24.6, New Zimbabwe 23.6
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  17. SW Radio Africa 26.6, 27.6, Daily News 23.6
  18. Standard 23.6
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  20. Voice of America.Zim 25.6
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  23. SW Radio Africa 21.6
  24. Testimony Before the U.S. Senate Committee on Foreign Relations Subcommittee on African Affairs, Washington, DC. 18.6
  25. Daily News 23.6, 25.6, Standard 23.6, Voice of America 23.6
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  28. SW Radio Africa 24.6, Voice of America Zim.21.6
  29. Mail and Guardian 21.6
  30. Daily News 21.6
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  33. Zim.Independent 21.6
  34. SW Radio Africa 24.6) Zim. Independent 21.6
  35. Zim.Independent 21.6
  36. http://www.economist.com/29.6
  37. SW Radio Africa 27.6, http://www.politicsweb.co.za/27.6


Letzte Änderung: Thursday, 04-Jul-2013 11:06:52 CEST [an error occurred while processing this directive]