Ruth Weiss: Zimbabwe vor der Wahl (28)
Kolumne 28
Beim SADC-Gipfel in Maputo am 15. Juni wurde Präsident Robert Mugabe
flach gelegt. Bei seinem ungewöhnlichen Rückzieher musste er
zulassen, dass Justizminister Patrick Chinamasa das Verfassungsgericht
um eine Verschiebung des Wahltermins um zwei Wochen vom 31. Juli
auf den 14. August ersuchen wird.(1) Der Generalsekretär der SADC,
Tomaz Salomão, versicherte, seine Organisation werde die Entscheidung
des Gerichts respektieren.(2) Der Herald brachte eine Falschmeldung,
in der er behauptete, der Gipfel habe den Termin am 31. Juli aufrecht
erhalten.(3)
Die Entscheidung für den Dringlichkeitsantrag hat das Land in eine
neue Krise gestürzt (4), diesmal fabriziert von Chinamasa: der
Minister wiederholte seine Überzeugung, es bedürfe keiner Reformen.
Ferner warnte er, das Verfassungsgericht werde sich weigern, dem
Antrag zu entsprechen, so dass es letztlich beim geplanten Fahrplan
bleiben werde.(5) Ohne weitere Konsultation reichte er dann den
Verlängerungsantrag bei Gericht ein und fügte hinzu, der Schritt
sei von einer ausländischen Körperschaft angeordnet worden, während
der Präsident das Gericht respektiert und sich seinem Urteil gefügt
habe. Die Formulierung lädt geradezu zu einer Ablehnung ein, so
dass Prof. Welshman Ncube, Finanzminister Tendai Biti und Chinamasa
einen neuen Antrag verfassten.(6) Allerdings widersetzte sich der
Justizminister den Parteiführern, als er sich weigerte, seinen
Antrag zurückzuziehen.(7)
Die Uneinigkeit im Kabinett offenbarte sich, als die Mehrheit der
ZANU-PF-Minister am 18. Juni eine Kabinettssitzung verließ, bevor
die Wahlen besprochen wurden. Daraufhin hat sich die Verantwortung
auf die Parteiführer verlagert.
Mugabe, der mit einem Gefolge von 67 Leuten in Maputo angekommen
war, blieb guter Dinge, beschrieb das Ergebnis des Treffens als
einen "Triumph für Zimbabwe" und spöttelte, seine MDC-Koalitionspartner
hätten Angst vor den Wahlen, die sie ohnehin verlieren würden.-
Andere befürchten, die Frist von zwei Wochen reiche nicht für die
notwendigen Schritte hin zu fairen Wahlen.(8)
Nach Mugabes einseitiger Verkündung des Wahltermins und der Verkürzung
des Ablaufs nahm SADC nicht nur hierzu Stellung, sondern empfahl
auch die folgenden Maßnahmen, die das zuständige SADC-Team
beaufsichtigen soll:
- Die akzeptierten Änderungen des Wahlrechts, die Mugabe per
Präsidialerlass vorgenommen hatte, werden am 17. Juni im Parlament
verhandelt und angenommen.
- Das SADC-Team und die in Livingstone eingesetzte Troika nehmen
an den Jomic-Sitzungen teil - anstatt, wie von ZANU-PF gefordert,
nur Berichte zu empfangen.
- Ein interministerielles Komitee setzt die vereinbarten Punkte
zur Medienreform um und überwacht Hassrede.
- Die Sicherheitskräfte verpflichten sich öffentlich auf
rechtsstaatliche Prinzipen, halten sich also aus der Politik heraus.
- Solange das Parlament noch besteht, verhandeln die Parteien
und nehmen die notwendigen Änderungen an POSA, AIPPA, dem Rundfunkgesetz
sowie an Paragraph 121 des Criminal Procedure and Evidence Act vor.
- Es werden unverzüglich SADC-Beobachter bestellt.(9) Nachdem
obiges schon längst hätte erledigt sein können, stellt sich die
Frage nach dem politischen Willen zur Umsetzung. Während der
Koalitionsära widersetzte sich ZANU-PF den Reformen, die 2008 im
Global Political Agreement (GPA) vereinbart worden waren.(10) Seit
dem Maputo-Gipfel hat Mugabe weder die Wahlgesetzänderungen noch
die Reformgesetzgebung auf den Weg gebracht, trotz der kurzen Zeit
bis zur Auflösung des Parlaments.(11) Der Analyst Dr. Clifford
Chitupa Mashiri zeigte sich bestürzt darüber, dass das Parlament
zu diesem entscheidenden Zeitpunkt so gut wie keine Arbeit vorliegen
habe, bei nur noch vier Sitzungstagen bis zur Auflösung am 28. Juni
um Mitternacht.
Immerhin ist es erfreulich, dass die SADC die vielen kritischen
Stimmen zu Mugabes einseitigem Schritt unterstützte, um eine freie
und faire Wahl zu ermöglichen. Anwälte wie die unabhängige
Rechtsforschungsgruppe Veritas hatten argumentiert, verfassungsrechtlich
könne der Präsident nicht unabhängig vom Kabinett über den Wahltermin
entscheiden, und die notwendigen rechtlichen Anpassungen an die
Verfassung könnten bis zum 31. Juli nicht vorgenommen werden.(12)
Der südafrikanische Präsident Jacob Zuma forderte Mugabe auch auf,
seine Generäle für deren politische Äußerungen öffentlich zu tadeln.
Mugabe antwortete, die Sicherheitsleute befänden sich noch im Modus
des Befreiungskriegs, an dem sie teilgenommen hätten und sollten
daher mit "Einfühlsamkeit" behandelt werden.(13)
Mugabe hat sich also bei seinem Versuch, den SADC-Gipfel mit
vollendeten Tatsachen zu konfrontieren, verrechnet.(14) Diverse
Klagen gegen die präsidiale Entscheidung lagen bei Gericht.(15)
Premier Morgan Tsvangirai und Prof. Welshman Ncube, Mugabes
MDC-Koalitionspartner, unterstützen einander in Maputo ganz energisch.
(16)
Wahlkampf
Dennoch lehnte MDC-N-Vorsitzender Welshman Ncube ein Wahlbündnis
mit MDC-T ab.(17) Beim Treffen der fünf Parteien - MDC-T, MDC-N,
Mavambo Kusile Dawn, Zapu und Zanu-Ndonga - ging es um
Berichterstattung, nicht um die Diskussion eines Wahlbündnisses.
(18) Der MDC-99-Vorsitzende Job Sikhala will die Wahl boykottieren.
Ein zehnköpfiges Beobachterteam der AU ist in Zimbabwe eingetroffen,
um die Vorwahlsituation zu bewerten.(19)
Der Sicherheitsapparat ist in Erklärungsnot geraten, nachdem einige
seiner Angehörigen für die bevorstehenden Vorwahlen der ZANU-PF
kandidieren, obwohl die Verfassung ihnen untersagt, politische
Präferenzen zu offenbaren.(20)
Medien
Die Vorsitzende der Zimbabwe Electoral Commission (ZEC), Rita
Makarau, warnte die Medien, ZEC werde ihre Arbeit überwachen, um
unparteiische Berichterstattung zu gewährleisten.(21) Ein Journalist
wurde von Unbekannten verschleppt, verprügelt und dann mit schweren
Verletzungen liegen gelassen.(22) Auch wird Sicherheitsleuten der
MDC vorgeworfen, zwei Journalisten bei der Arbeit attackiert zu
haben.(23)
Wählerverzeichnis
Die Wählerregistrierung nach der neuen Verfassung, die am 10. Juni
begann, scheint sich von der chaotischen Übung im April und Mai
kaum zu unterscheiden. Das Versprechen der Richterin Makarau, die
Probleme der vorangegangenen Verfahren zu beseitigen, wird nicht
eingehalten. Verärgerte, in langen, unbeweglichen Menschenschlangen
feststeckende Wähleranwärter werfen der ZEC vor, die Registrierung
absichtlich zu erschweren. In einigen Bezirken kann man sich nur
an zwei Tagen registrieren, deren Termin noch nicht einmal rechtzeitig
angekündigt wird.(24)
Während der Registrierung im April/Mai verlangten Beauftragte der
zuständigen Behörde, der Generalregistrar Tobias Mudede vorsitzt,
von Städtern eine Wohnsitzbescheinigung, wohlwissend, dass die
meisten Bewohner der Townships weder Häuser besitzen noch über
formelle Mietverträge verfügen. Auf Beschwerden hin reagierte das
Kabinett mit der Zulassung einer eidesstattlichen Erklärung von
Wählern über ihren Wohnsitz im Wahlbezirk, aber dann hatten die
Beauftragten keine Formulare. Wie zuvor schon verlief die Registrierung
in Gebieten wie Matabeleland vorsätzlich langsam, während sie in
Mashonaland zügig voran ging. ZEC-Statistiken zeigen, dass in den
ZANU-PF-Hochburgen Mashonaland East, -Central und - West 204.041
Neuwähler registriert wurden, während dies in Bulawayo, der
zweitgrößten Stadt, nur auf 5.068 Erstwähler zutrifft. ZANU-PF-Anhängern
händigte man die Registrierungsbescheinigung aus, die sie zum Wählen
brauchen, während MDC-Anhänger in den Städten meist leer ausgingen.(25)
Mudede behauptete, er verfüge nur über Mittel für distriktbezogene
Registrierung, womit er Befürchtungen verstärkte, dass viele Personen
außen vor gelassen werden. Die Verfassung sieht eine intensive,
30-tägige Registrierung auf Bezirksbasis vor.(26) Der Generalregistrar
wies jede Kritik seiner Behörde zurück und sagte, dass in Zimbabwe
geborene Personen, die Kinder von Ausländern sind, Dokumente
vorweisen müssten oder aber eidesstattliche Erklärungen abgeben,
die beim Armeehauptquartier "jederzeit erhältlich" seien.(27)
Diese Regelung ignoriert den Aufwand für Menschen vom Land, die in
die Hauptstadt reisen müssen.
Der "Mail & Guardian" zufolge entspricht das Registrierungsverfahren
einem Konzept, das von der ZANU-PF-Kommissariatsabteilung erstellt
wurde, die dem früheren Vize-Luftsheriff Henry Muchena und dem
ehemaligen internen Geheimdienstchef Sydney Nyanhongo unterstand.
Der Plan werde seit 2010 umgesetzt und habe die Manipulation des
Wählerverzeichnisses durch verschiedene Strategien zum Ziel, darunter
die Verweigerung der Registrierung für so viele Anhänger gegnerischer
Parteien wie möglich. Auch wurden nach und nach Tausende von
Landlosen in städtischen ZANU-PF-Wohnungsbaukooperativen untergebracht,
bei denen Grundstücke als Gegengabe für die Abgabe von ZANU-PF-Wahlstimmen
vergeben werden.(28)
Theresa Makone, MDC-Abgeordnete für Harare Nord, bestätigte, in
ihrem Wahlbezirk seien zahlreiche Wohnungsbaukooperativen entstanden,
mit rund 10.000 Neubürgern. Sie wurde argwöhnisch, als sie am 15.
April ihren Namen nicht im Wählerverzeichnis fand, beschwerte sich
und besorgte sich zwei Tage später ein neues Wählerverzeichnis.
Diesmal war in Bezirk 18 ihr Name verzeichnet, aber die Zahl der
Einträge war von 8.305 auf 10.076 angewachsen. Demnach hätte die
ZEC in 48 Stunden rund 2.000 Wähler registriert, obwohl sie gewöhnlich
200 Registrierungen pro Tag vornimmt. In einem anderen Bezirk in
Harare, Nr. 42, waren am 15. April 5.196 Personen gelistet, und am
17. April war ihre Zahl um das Dreifache auf 17.068 angestiegen.
Makone sagte, die enorme Vermehrung gehe auf Personen zurück, die
unter Wohnungsbaukooperativen registriert sind.(29)
Irregularitäten wurden auch aus Mbare gemeldet, wo ZANU-PF-Anhänger
ohne den erforderlichen Wohnsitznachweis registriert sowie Händler
gezwungen waren, eine ZANU-PF-Mitgliedschaft abzuschließen, bevor
ihnen ein Marktstand zugewiesen wurde.(30)
Parteiangelegenheiten
Drei Parteien haben Vorwahlen abgehalten.(31) ZANU-PF war für Monate
mit innerparteilichen Kämpfen beschäftigt, was die Vorwahlen
verzögerte, die nun am 24. stattfinden. Außer der Kampflinie zwischen
den Fraktionen um Joice Mjuru und Emmerson Mnangagwa, kam die alte
Garde unter Druck, sowohl von Seiten der "jungen Türken" als auch
durch Anfechtungen von Seiten des Sicherheitsapparats. Zahlreiche
Bewerber kämpfen um ihre Kandidatur, indem sie versuchen, ihre
Mitbewerber heraus zu drängen.(32)
Der Nationale Wohnungsbauminister Giles Mutsekwa (MDC) ist in
Zusammenhang mit den Vorwahlen in eine innerparteiliche Gewaltaffäre
verwickelt.(33) Die Vorwahlen bei MDC waren nach einem Monat
abgeschlossen; einige Mitglieder berichten über Unregelmäßigkeiten.
In Matabeleland hieß es, eine Abstimmung, bei der sich eine weiße
Kandidatin bewarb, sei gefälscht worden, um ihre Wahl zu verhindern.
(34)
Diamanten
Der Tod des ZANU-PF-Abgeordneten Edward Chindori-Chininga bei einem
Autounfall am 19. Juni hat Fragen aufgeworfen. Er war Vorsitzender
des Parlamentsausschusses für Bergbau und Energie, der in der Woche
zuvor einen belastenden Bericht über ZANU-PF und ihre Verbündeten
in der Diamantenindustrie herausgegeben hatte. Darin wurde aufgedeckt,
dass Mbada Mining über vier Jahre hinweg 293 Mio. US$ an Steuern
bezahlt hat, von denen den Staat lediglich 82 Mio. US$ erreichten.(35)
Es wird befürchtet, der fehlende Betrag könnte dazu verwendet worden
sein, die Armee zu finanzieren und den Wahlkampf der ZANU-PF zu
unterstützen. In den Diamantenfeldern von Marange sind vier
Unternehmen tätig, eines davon staatlich, die anderen in einer
Partnerschaft mit dem Staat zu je 50% der Anteile. Diese Gegend
wird vom Militär beherrscht. Der parteiübergreifend zusammengesetzte
Parlamentsausschuss entdeckte "schwerwiegende Diskrepanzen" bei
den Einzahlungen aus dem Diamantengeschäft.(35)
(Übersetzung: Sabine
Fiedler-Conradi)
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Letzte Änderung: Wednesday, 26-Jun-2013 09:27:45 CEST
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