Ruth Weiss: Zimbabwe vor der Wahl (26)
KOLUMNE 26
Wahlen
Die Kontroverse um den Wahltermin entschied sich jüngst in einer
verfassungsrechtlichen Urteil, wonach die Wahlen vor dem 31. Juli
abzuhalten sind. Diese Angelegenheit dominiert nun das politische
Tagesgeschehen.
Das Parlament wird am 29. Juni aufgelöst.(1) Die Gerichtsentscheidung
folgte der Klage einer Person, die eine der ZANU-PF nahestehende
NRO vertritt. Sie verschafft nun Präsident Mugabes Wunsch juristischen
Rückhalt, die Wahlen am 29. Juni abzuhalten (2). Es geht darum, es
Mugabe zu ermöglichen, einen frühen Wahltermin autokratisch zu
erzwingen - ohne Reformen und unter Absehung vom Global Political
Agreement (GPA). Während seiner Reise durch den Fernen Osten sagte
Mugabe, er werde sich dem Gerichtsurteil beugen.(3)
Analysten befürchten für die Wahlen eine Farce, da für die überfälligen
Reformen keine Zeit bleibe.(4) Juristen weisen darauf hin, die
Regierung habe nach der neuen Verfassung die Option, vor den Wahlen
noch für vier Monate ohne das Parlament weiterzuarbeiten, also bis
zum 29. Oktober. Prof. Welshman Ncube, der Vorsitzende der kleineren
MDC-Fraktion, stellt die Rechtmäßigkeit des Verfassungsgerichts in
Frage.(5) Einer der beiden Richter, die bei der Entscheidung eine
abweichende Meinung vertraten, bezeichnete das Urteil als unlogisch.
(6)
Wenn das Gericht auch Mugabes Position stärkt, so bleibt doch eine
kleine Chance, dass er seinen Willen nicht durchsetzen kann. Bevor
die Wahlen stattfinden können, sind zahlreiche formale Voraussetzungen
zu erfüllen, so etwa die Anpassung geltenden Rechts an die neue
Verfassung. Vor allem aber machen die MDC-Fraktionen eine Umsetzung
der im GPA vereinbarten Reformen zur Voraussetzung für die Wahlen.
Der südafrikanische Präsident Jacob Zuma teilte diese Sicht der
Dinge im Vorfeld des SADC-Gipfels zu Zimbabwe und bat um einen
Fahrplan zu den Wahlen. Das Gipfeltreffen hätte am 9. Juni in Maputo
zu einer Einschätzung kommen sollen, ob freie und faire Wahlen
möglich sind. ZANU-PF hat sich mit aller Kraft gegen eine Teilnahme
der SADC an den Sitzungen von Jomic gestemmt, das die Oberaufsicht
über GPA führt - wie auch gegen Jomics Rolle beim Monitoring der
Wahlen. Auch die Finanzierung stand auf der Tagesordnung. Aber das
Gerichtsurteil zum Wahltermin verursachte eine große Nervosität,
und während Zumas Team die Parteien noch drängte, sich über einen
Termin zu einigen, bat ZANU-PF um eine Verschiebung des Treffens,
so dass es nun auf den 10. Juni in Pretoria verlegt wurde. Nun wird
der Wahltermin die Verhandlungen beherrschen.(7)
MDC-Chef und Premier Morgan Tsvangirai sagte, das Gericht habe sein
Mandat überschritten. Seine Partei hatte eine Zusammenkunft zum
Thema und ist derselben Auffassung.(8) ZANU-PF-Minister ignorieren
Tsvangirais Anordnungen häufig, und Mugabe hat oft ohne Einbeziehung
des Premiers agiert. Es fragt sich, ob Mugabe nun ohne Konsultation
einen Wahltermin verkünden wird oder nicht. Falls er es tut, ist
mit einem Boykott durch die anderen Parteien zu rechnen, mit der
Folge einer geringen Wahlbeteiligung sowie einer Weigerung anderer
Staaten, das Ergebnis anzuerkennen.(9) Mugabes Partei gilt als
zersplittert, was ihn daran hindern dürfte, sich zurückzuziehen,
da sich kein Parteigenosse findet, an den er den Stab übergeben
könnte.(10)
Am 5. Juni trafen sich die Parteiführer von MDC-T, MDC-N, Mavambo
Kusile Dawn, ZAPU und ZANU Ndonga in Harare im Hotel Monomotapa
Crown Plaza und sagten, sie würden für Reformen kämpfen, was
hoffentlich einen ersten Schritt zu einer Koalition bedeutet.(11)
Analysten halten eine demokratische Wahl für unmöglich und kritisieren
die Aufhebung der Sanktionen, die von der ZANU-PF-Anhängerschaft
als Sieg über die EU und die USA betrachtet wird.(12)
Wählerverzeichnis
Die nach der neuen Verfassung geforderte Registrierungsperiode von
30 Tagen startete mit Verzögerung, weil die Zimbabwe Electoral
Commission (ZEC) nicht vorbereitet war.(13) Die ZEC mahnte die
Parteien, niemanden zur Registrierung zu nötigen. Während der jüngst
gescheiterten Wählerregistrierung zwangen ZANU-PF-Jugendliche in
Kampagnen von Tür zu Tür die Menschen, ihre Namen anzugeben.(14).
Die ZEC-Vorsitzende, Richterin Rita Makarau, gab zu, das
Wählerverzeichnis sei in einem desolaten Zustand und "einige" Wähler
versehentlich daraus entfernt worden. Sie nannte es einen recht
engen Zeitrahmen, innerhalb dessen man mit den Problemen fertigwerden
solle, diejenigen aus der letzten Registrierung inbegriffen.(15)
Das Kabinett hatte Makarau sowie Justizminister Patrick Chinamasa
und Generalregistrator Tobaiwa Mudede beauftragt, das Wählerverzeichnis
in Ordnung zu bringen. Makarau versicherte "Fremden", sie würden
nicht von den Wahllokalen ferngehalten.(16) Aber die Beschwerden
über Tobaiwa Mudede gehen weiter, das Wählerverzeichnis ist noch
immer nicht verfügbar, trotz anderslautender verfassungsrechtlicher
Regelung. Dumiso Dube, Vorsitzender der ZAPU, beantragte im letzten
November eine Kopie des Wählerverzeichnisses und hat sie noch immer
nicht erhalten.(17) Mudede wird vorgeworfen, er maße sich bezüglich
des Wählerverzeichnisses die Autorität der ZEC an.
Die Frage des Wahlrechts in der Diaspora ist noch nicht geklärt.
Die Regierung hat auf den Entscheid der African Commission on Human
and People's Rights im Februar nicht reagiert, worin Zimbabwe
bezüglich des Referendums im März angewiesen wurde, für zimbabwische
Staatsbürger im Ausland die Briefwahl einzuführen.(18)
Interview
Dali Tambos Fernsehinterview mit Mugabe, als "PR für Mugabe"
kritisiert und in einer Mail and Guardian als "katzbuckelnd und
kriecherisch" bezeichnet, hat Südafrikaner verärgert. Mugabe sagte,
Nelson Mandela habe Nicht-Schwarze zu freundlich behandelt, er sei
"zu heilig, zu gut, zu viel von einem Heiligen" gewesen.(19)
Terror
Die Aktivitäten der ZANU-PF-Banden wurden wieder aufgenommen, mit
dem Ziel der Wählereinschüchterung sowie um die MDCs aus ländlichen
Gegenden herauszuhalten, ebenso wie aus Harares Stadtteil Mbare.(20)
In Mutoko drohten Soldaten und ZANU-PF-Anhänger hungernden
Dorfbewohnern mit der Verweigerung von Nahrungsmittelhilfe, sollten
sie ZANU-PF nicht unterstützen. Ähnliche Vorkommnisse gab es in
Gokwe South. Human Rights Watch ermahnte die Regierung, ihre
Sicherheitschefs zu disziplinieren, wenn die Wahlen irgendeine
Relevanz haben sollen.(21)
Lehrer baten um Schutzmaßnahmen gegenüber ihrer Berufsgruppe für
die Zeit des Wahlkampfs.(22)
Drei Leute von ZimRights wurden festgenommen und stundenlang über
geplante Menschenrechtsaktivitäten verhört.(23)
Das Büro einer Schwulenrechtsgruppe in Harare wurde von bewaffneten
Männern attackiert.(24)
Parteiinterne Streitigkeiten
Die MDC-T-Vorwahlen führten zu Krawallen, mit Fälschungsvorwürfen
und bitterem Gerangel.(25)
Wirtschaft
Der gegenwärtig hohe Stand des US$ zum Rand bedroht Zimbabwes
Industrie ebenso wie Importeure. Seit der Abschaffung des Zim$ kann
die Regierung die Währung nicht mehr kontrollieren.(26)
Ein Erlass soll Jugendliche eines Anteils von 25 % an allen
ökonomischen, Indigenisierungs- und Empowerment-Initiativen
versichern.(27)
Menschen in Chiadzwa beklagen sich, die Regierung opfere sie für
Diamanten, da Unternehmen ihre Zusagen nicht einhalten.(28)
In einem Artikel in der deutschsprachigen Zeitschrift "Weltsichten"
widerlegt der Ökonom Prof. Tony Hawkins Thesen von einer erfolgreichen
Fast-track-Landreform, die in dem Buch "Zimbabwe Takes Back Its
Land" von Joseph Hanlon und anderen aufgestellt wurden. Zimbabwe
war vor der Reform ein bedeutender Agrarexporteur, entwickelte sich
aber daraufhin zu einem Importeur von Nahrungsmitteln, in Höhe von
durchschnittlich 650 Mio. US$ (im Jahre 2012 waren es 731 US$).(29)
Ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss hat empfohlen, die
Amtsführung von Ignatius Chombo, Minister für die Kommunen, auf
Korruption und Einmischung in kommunale Zuständigkeiten zu
untersuchen.(30)
- The Zimbabwean 5.6
- SW Radio Africa 31.5, 4.6, 6.6
- Guardian 3.6, Mail and Guardian 3.6, Zimbabwe Mail 2.6
- Daily News 2.6
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- Zim. Independent 31.5
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- SW Radio Africa 3.6
- Daily News 6.6
Letzte Änderung: Monday, 10-Jun-2013 21:09:47 CEST
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