ZIMBABWE NETZWERK e.V.

Ruth Weiss: Zimbabwe vor der Wahl (18)

Kolumne 18

Beatrice Mtetwa

Die prominente Menschenrechtsanwältin Beatrice Mtetwa, deren Verhaftung weltweite Proteste hervorrief, ist nach acht Tagen Arrest schließlich gegen Kaution freigelassen worden.(1) Sie war am 17. März bei einer Polizeirazzia im Bürgerbüro von MDC-T festgenommen worden, ebenso wie die MDC-Funktionäre Thabani Mpofu, Felix Matsinde und Mehluli Tshuma sowie Warship Dumba, ehemaliger Stadtrat von Harare. Diesen vier, die nach zehn Tagen gegen Kaution freikamen, wird vorgeworfen, sich als Polizisten ausgegeben, gegen den Official Secrets Act verstoßen sowie Gegenstände für kriminelle Zwecke benutzt zu haben.(2) Nachdem MDC-T-Führer und Premier Morgan Tsvangirai sich bei Präsident Robert Mugabe beschwert hatte, kamen beide Führer überein, Polizeipräsident Agustine Chihuri zur Mäßigung aufzufordern.(3)

Korruption

Die Verhaftung von MDC-Personal schien mit dem Versuch der Zimbabwe Anti-Corruption Commission (ZACC) zusammenzuhängen, die Büros von drei ZANU-PF-Ministern zu durchsuchen, die der Korruption verdächtigt werden. Anscheinend halfen MDC-Leute bei den Ermittlungen durch die Kommission. Diese wiederum wurden durch eine gerichtliche Verfügung abgebrochen.(4) Die Verwicklungen sind noch nicht gelöst, und es bleibt unklar, ob die ZACC-Ermittlungen fortgesetzt werden. (5) Die Geschäftsführerin von ZACC, Sukai Tongogara, sowie einige ihrer MitarbeiterInnen meldeten sich bei der Polizei zur Befragung. (6) Zwischen Mitgliedern der Kommission entwickelten sich Meinungsverschiedenheiten. Während der Vorsitzende Denford Chirinda "Fehler" eingestand, vertrat der Kommissionssprecher Goodwill Shana vor einer Pressekonferenz den Standpunkt, das Vorgehen beim Zustandekommen des Durchsuchungsbefehls für die Aktion sei korrekt gewesen.(7)

ZANU-PF schlägt zurück: Der Vorsitzende der ZACC, Ngonidzashe Gumbo, muss sich für Betrug verantworten, und der Staatsanwalt verhinderte seine Freilassung auf Kaution, obwohl sie vom Gericht verfügt worden war. Ein anderes ZAAC-Mitglied, Emanuel Chimwanda, wurde polizeilich verhört und über Nacht festgehalten.(8) Ein Angestellter am Hohen Gericht, Elijah Makomo, ist entlassen, weil er bei der Beschaffung des Durchsuchungsbefehls behilflich war.(9) Der Richter am Hohen Gericht, der das Dokument schließlich ausstellte und auch die unverzügliche Freilassung von Betrice Mtetwa verfügte, wurde Opfer einer Schmutzkampagne.(10)

MDC-T fordert ein Ende der ZACC-Verfolgung, die von der Partei als Ablenkungsmanöver von der Korruption gesehen wird.(11) Auf dem Korruptionswahrnehmungsindex 2012 von Transparency International stand Zimbabwe auf Platz 163 von 176.(12)

Auseinandersetzungen rund ums Thema Korruption scheinen in der ZANU-PF Teil der ständigen Fraktionskämpfe um die Nachfolge zu sein.(13) Einige Parteimitglieder fordern in diesem Zusammenhang eine Untersuchung des Indigenisierungsverfahrens.(14) Ein turbulentes Treffen des Politbüros der ZANU-PF endete in der Bildung zweier Komitees. Eines hat Lecks von parteiinternen Angelegenheiten zum Inhalt, einschließlich des angeblichen geplanten Attentats auf Zentralbankchef Gideon Gono. Das andere soll sich mit der Indigenisierung befassen. Forderungen, den zuständigen Minister Saviour Kusukuwere vor einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss zu zitieren, gibt es aus allen Parteien.(15)

Die Abstimmung beim Referendum

Das Electoral Resource Centre brachte eine Analyse der Abstimmung beim Referendum heraus. Trotz Berichten über Wählerapathie gibt es bei der Beteiligung einen Rekord zu verzeichnen.(16)

Wegen der hohen Wahlbeteiligung in Gegenden mit hoher ZANU-PF-Gefolgschaft heißt es, die Abstimmung habe diese Partei favorisiert. Allerdings könnte es sich hier um eine Täuschung handeln. Finanzminister Tendai Biti äußerte Zweifel an den offiziellen Abstimmungsergebnissen. Er hält die Zahl der Stimmen für aufgebläht; die Dokumentation durch MDC-T spreche für eine andere Beteiligung.(17) Andere teilen seine Zweifel und weisen darauf hin, wie wenige Menschen vor den Abstimmungslokalen anstanden. Der Vorsitzende der National Constitutional Assembly (NCA), Lovemore Madhuku, hält die Ergebnisse für frisiert. Die Zimbabwe Electoral Commission (ZEC) hatte ursprünglich mit einer Beteiligung von rund zwei Millionen Menschen gerechnet. Sie verkündete dann die Abgabe von 3.259.454 Stimmen - Rekord aller bisherigen Wahlgänge.

ZANU-PF ist für ihren Einfallsreichtum, wenn es um lautere und unlautere Strategien geht, sich den Sieg zu sichern. Gegner der Partei argwöhnen, beim Referendum könnte es sich um eine Art Generalprobe für die Manipulation der Stimmabgabe gehandelt haben - so auch der politische Analyst der NCA, Blessing Vava.(18)

Election date

Der Wahltermin bleibt eine strittige Angelegenheit. ZANU-PF drängt auf eine Wahl am 29. Juni (19), während die MDC-Fraktionen diesen Zeitpunkt weiterhin für verfrüht halten.(20) Der südafrikanische Präsident pflichtete der MDC-Position bei. Daraufhin wurde Zumas Beraterin Lindiwe Zulu auf boshafte Weise von ZANU-PF angegriffen. Die Partei behauptet, der Wahltermin könne allein durch Mugabe festgesetzt werden.(21)

In einem Verfahren im Zusammenhang mit der Terminsetzung für überfällige Nachwahlen in drei Wahlbezirken beantragte Mugabe eine Verlängerung der gerichtlich auf 31. März festgesetzten Frist bis zum 29. Juni. Nachdem Tsvangirai, der dies für ein Manöver hält, vor Gericht den Status als Antragsgegner beantragt hatte, verschob das Gericht die Verhandlung auf den 3. April. Tsvangirai wandte ein, Mugabe könne über die Wahlen nicht entscheiden, ohne ihn zu konsultieren.(22)

JOMIC

ZANU-PF widersetzt sich der SADC und blockiert die Arbeit von Zumas Zimbabwe-Team. ZANU-PF-Mitglieder des Joint Monitoring and Implementation Committee (JOMIC) verwehrten sowohl JOMIC-Delegierten aus der SADC als auch dem südafrikanischen Team die Teilnahme an der JOMIC-Plenarsitzung am 20. März, unter anderem mit dem Argument, Zimbabwes Souveränität zu wahren. Die hitzig verlaufene Versammlung endete in der Gründung eines Ausschusses, der sich mit JOMICs Zusammenarbeit mit SADC-Mitgliedern beschäftigen soll. Ein Entwurf zur künftigen Verfahrensweise ist dem Kabinett vorzulegen.(23)

Folter

Die Afrikanische Kommission für Menschen- und Völkerrecht macht den zimbabwischen Staat für die Folter und Misshandlung von Gabriel Shumba verantwortlich, einem bekannten Menschenrechtsanwalt. Der Staat wurde angewiesen, innerhalb von 90 Tagen Schadenersatzleistungen an das Opfer zu zahlen. In der 26jährigen Geschichte des afrikanischen Menschenrechtsorgans ist dies der erste Fall, in dem Zimbabwe für Folter haftbar gemacht wird. Gabriel Shumba, der in Südafrika Zuflucht gefunden hat, sagte, sein Fall werfe ein Licht auch auf Tausende von ZimbabwerInnen, die ebenfalls gefoltert worden sind.(24)

Friends of Zimbabwe

Die EU hob die Sanktionen gegenüber 81 Personen auf, nachdem das Referendum friedlich verlaufen war. Lediglich zehn Personen sind noch von Sanktionen betroffen, darunter Mugabe, dessen Ehefrau, die Chefs des Sicherheitapparats und Didymus Mutasa sowie Jabulani Sibanda, der Führer der Kriegsveteranen.(25) Letzterer hat erneut bekräftigt, man werde eine Machtübernahme durch Tsvangirai nicht zulassen.(26) ExilzimbabwerInnen sagen, die Rücknahme der Sanktionen bilde keinen realen politischen Wandel ab.(27)

Justizminister Patrick Chinamasa, seit einem Jahrzehnt der erste zimbabwische Minister, der Großbritannien besuchte, gab nach Gesprächen mit "Friends of Zimbabwe" sein eigenes Kommuniqué heraus. An dem von der britischen Regierung initiierten Austausch haben Vertreter mehrerer Länder teilgenommen. Chinamasa hielt sich an die ZANU-PF-Linie, wonach keine Wahlbeobachter aus Ländern eingeladen würden, die Sanktionen verhängten. Das Gruppenkommuniqué stellt hingegen für den Fall glaubwürdiger Wahlen weitere Unterstützung in Aussicht.

Westliche Staaten leisteten in Zimbabwe trotz der Sanktionen humanitäre Hilfe, deren Umfang sich seit 2009 auf 2,6 Milliarden US$ beläuft.(28) Die EU dringt auf die ausstehenden Reformen entsprechend den Vereinbarungen des Global Political Agreement (GPA) von 2008, das die Koalitionsregierung begründete. ZANU-PF wies die EU-Forderung als unzulässigen Versuch zurück, einen Regierungswechsel zu bewirken.(29)

Ungleiche Rahmenbedingungen

Die Phase zwischen Referendum und Wahlen schafft Gelegenheit, die Positionen der Parteien genauer zu betrachten. Einige Kommentatoren sehen keine Chance für gerechte Voraussetzungen und plädieren daher für einen ausgesprochen kraftvollen Wahlkampf von MDC-Seite.(30) Das mangelnde Vertrauen in die Möglichkeit freier und fairer Wahlen wurde durch die jüngsten Polizeiaktionen mitverursacht.(31) Der Jahresbericht 2012 von Freedom House spricht vom "Furchtfaktor", der in Zimbabwe die Stimmabgabe beeinflusse.(32) In der Daily News erschien ein unbestätigter Bericht über Funktionäre der ZANU-PF in Mashonaland East, die am Wählerverzeichnis herumbastelten.(33) Roy Bennet, MDC-T-Funktionär im Exil, beschuldigt ZANU-PF, die Wahl schon im Vorfeld zu fälschen, indem man MDC-Anhängern die Registrierung verwehre.(34) Der iranische Präsident Mahmoud Ahmadinedschad genehmigte ein iranisches Cyber-Training für Angehörige des zimbabwischen Geheimdienstes.(35)

Seit den Anfängen der Koalitionsregierung hat ZANU-PF darauf geachtet, dass sich die beschämende Niederlage von 2008 nicht wiederholt:

  • Mugabe entschied über die Vergabe von Ministerien und klammerte sich an die Spitzenposition.
  • Der Präsident blockierte jedwede unwillkommene Aktion von Seiten des Koalitionspartners, vergab Ämter nach Lust und Laune und unterband Reformen.
  • ZANU-PF behielt die Kontrolle über den Sicherheitsapparat. Eine Kandidatur für ZANU-PF beabsichtigt auch Generalmajor Douglas Nyikayaramba, der schwor, er werde sich Tsvangirais Sieg in den Weg stellen.(36)
  • Sowohl die staatlichen Medien als auch die Wahlkommission ZEC stehen unter Kontrolle der ZANU-PF.
  • Politische Gewalt wird weiterhin verübt, wie auch Einschüchterungen durch Kriegsveteranen und Gangs der ZANU-PF-Jugend.
  • Die MDC-Fraktionen konnten sich mit der Forderung nicht durchsetzen, repressive Gesetzgebung aufzuheben, darunter den Access to Information and Protection of Privacy Act, den Public Order and Security Act (POSA), sowie den Criminal Law (Codification and Reform) Act. Diese Gesetze wurden benutzt, um Menschen durch vage formulierte Verleumdungsparagraphen und drakonische Strafandrohungen von der Ausübung ihrer Grundrechte abzuhalten.(37)
  • ZANU-PF profitiert auch von Korruption und weiteren Schwächen innerhalb der Führungsriegen der MDC.(38) Tsvangirai und Welshman Ncube, die Führer der MDC-Fraktionen, haben sich zum Thema ausstehender GPA-Reformen in der Vergangenheit kaum geäußert. Nun aber insistieren sie auf deren Umsetzung. Präsident Zuma zeigte sich mit Unterstützung weiterer regionaler Staatschefs entschlossen, die Reformen herbeizuführen.(39) Tomaz Salomão, geschäftsführender Sekretär der SADC, zeigte sich enttäuscht hinsichtlich des Standes der Umsetzung der Vereinbarungen des GPA und der Aufgaben des JOMIC - beide wurden schon lang als untauglich erkannt.(40)

Das Wahlergebnis wird ebenso sehr vom bevorstehenden Wahlkampf wie vom guten Gespür der Wählerschaft abhängen.

Übersetzung: Sabine Fiedler-Conradi

  1. News24 25.3, AP 26.3
  2. Daily News 24.3SW Radio 27.3
  3. VOA Zim 25.3, Financial Gazette 28.3
  4. Mail and Guardian 22.3
  5. The Zimbabwean UK 26.3
  6. SW Radio Africa 22.3
  7. Daily News 25.3
  8. SW Radio Africa 27.3
  9. New Zimbabwe 23.3
  10. Daily News 26.3, Nehanda Radio 23.3
  11. SW Radio Africa 28.3
  12. Zim. Independent 22.3
  13. Zim. Mail 23.2,Mail and Guardian 28.3
  14. Daily News 27.3
  15. Zim. Daily Mail 28.3
  16. The Zimbabwean 26.3, The Herald 27.3
  17. Zim. Independent 28.3
  18. Zim. Independent 28.3
  19. Zim. Independent 28.3
  20. New Zimbabwe 22.3
  21. Zim. Independent 28.3, Zim. Mail 29.3
  22. SW Radio Africa 28.3, New Zimbabwe 28.3
  23. VOA Zim. 25.3
  24. SW Radio Africa 25.3, 26.3, http://www.redress.org 22.3
  25. SW Radio Africa 22.3, 25.3, 26.3, AP 25.3
  26. New Zimbabwe 25.3
  27. SW Radio Africa 26.3, Guardian 26.3
  28. New Zimbabwe 25.3, SW Radio Africa 27.3, 28.3, VOA Zimbabwe 28.3, http://www.zimdiaspora.com, http://www.africareview.com)
  29. Zim. Independent 28.3, Zim. Mail 29.3
  30. http://thinkafricapress.com/
  31. Daily News 24.3
  32. Zim. Independent 22.3
  33. Daily News 25.3
  34. Nehanda Radio 27.3
  35. Nehanda Radio 27.3
  36. SW Radio Africa 27.3
  37. http://thinkafricapress.com/
  38. Zim. Independent 22.3
  39. Zim Independent 22.3, VOA Zimbabwe 28.3
  40. Zim. Independent 22.3


Letzte Änderung: Wednesday, 03-Apr-2013 13:49:52 CEST
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30.3.2013 Ruth Weiss: Zimbabwe before the elections (18)