ZIMBABWE NETZWERK e.V.

Ruth Weiss: Zimbabwe vor der Wahl (17)

Kolumne 17

Referendum / Wahlen / Verhaftung Beatrice Mtetwas

JA! Wie erwartet, haben sich 95,5% der Wähler für die neue Verfassung ausgesprochen. Die Beteiligung war mit drei Millionen Wahlberechtigte relativ hoch.(1) Rund 60% von ihnen leben in ländlichen Gebieten, 40% in städtischen - ein Umstand, den Beobachtern als Hinweis auf wachsende Zustimmung zu ZANU-PF werten. Was nun die Wahlen betrifft, so gibt es auch nach mehreren widerprüchlichen Stellungnahmen auch den Koalitionsparteien noch keinen Termin.(2) Es heißt, die Parteien werben mit Nahrungsmittelhilfe um die Wählerschaft, nachdem wegen zwei schlechter Ernteperioden zur Zeit 1,4 Millionen Menschen vom Welternährungsprogramm unterstützt werden.(3)

Vom SADC-Wahlforum hieß es, die Abstimmung sei friedlich verlaufen, was das unabhängige Zimbabwe Election Support Network (ZESN) bestätigte.(4) Die blutigen Ereignisse von 2008 wiederholten sich nicht, wenn auch gelegentlich Einschüchterungen und Regelverletzungen gemeldet wurden, so etwa die Gegenwart von Polizei innerhalb der Abstimmungslokale.

Von einigen Beobachtern wurde berichtet, sie seien von Wahlleitern aufgefordert worden, das Wahllokal zu verlassen, als die Ergebnisse feststanden.(5) Am Höhepunkt der Abstimmug kam es zu Handgreiflichkeiten in Harares unruhigem Stadtteil Mbare, wo Anhänger von MDC-T angegriffen wurden, als sie "Ja"-Poster aufhängten.(6) Angeblich wurde die Polizei angewiesen, ZANU-PF zu wählen.(7) Am Tag des Referendums wurden in mehreren Zentren MDC-Anhänger von Mitgliedern der ZANU-PF eingeschüchtert. Sokwanele berichtet auch von Unregelmäßigkeiten beim Zählen und Sortieren von Stimmzetteln in bestimmten Abstimmungslokalen.(8)

Während Präsident Robert Mugabe bei der Amtsweihe des neuen Papstes weilte, (9) tobte zu Hause eine Kontroverse über Polizeiaktionen. Diese scheinen die Menschenrechtsgarantien der neuen Verfassung zu ignorieren, die voraussichtlich im April rechtskräftig werden wird. Es verheißt nichts Gutes über die bevorstehende Vorwahlperiode, dass man am Tag nach dem Referendum das Bürgerbüro der MDC durchsuchte und vier Angestellte sowie Tsvangirais Rechtsberater Thabani Mpofu verhaftete. Während sie sich um ihre Klienten kümmerte, ist auch die prominente Anwältin Beatrice Mtetwa festgenommen worden, wegen Behinderung der Justiz.(10) Drei Tage später wurden zwei andere MDC-Mitarbeiter ebenfalls festgenommen, nach dem Verhör aber wieder freigelassen.(11)

Polizei und Untersuchungsrichter ignorierten die Eilverfügung des Hohen Gerichts, Beatrice Mtetwa unverzüglich freizulassen. Die Untersuchungshaft wurde bis in den April hinein verlängert, der Kautionsantrag abgelehnt. Mtetwas Klienten werden beschuldigt, eine NRO zu betreiben und sich in der Absicht als Polizisten ausgegeben zu haben, ein Dossier gegen Regierungsmitglieder zusammenzustellen, darunter Ignatius Chombo, Minister of Local Government, und Generalstaatsanwalt Johannes Tomana.

Laut Südafrikas Mail & Guardian (M & G) hat die Aktion ihren Hintergrund in Vorgängen bei der staatlichen Zimbabwe Anti-Corruption Commission (ZACC). Demnach haben die Mitarbeiter des MDC der ZACC geholfen, Beweise gegen Angehörige der Führungsriege in der ZANU-PF zu sammeln. In der Partei sei man darüber so erbost gewesen, dass man Geheimdienst und Polizei mobilisierte, um diese Nachforschungen zu stoppen.

Es geht dabei unter anderem um folgende Personen und Vorwürfe:

  • Generalstaatsanwalt Tomana: Amtsmissbrauch, um die Untersuchung von suspekten Vorgängen bei der Festlegung der Wahlkreise zu verhindern;
  • Polizeipräsident Augustine Chihuri: selektive Rechtsauslegung und Verfolgung politischer Kontrahenten. Unter den Unterlagen soll sich belastende Korrespondenz befinden;
  • Minister of Local Government Ignatius Chombo: Erwerb von Wohnhäusern zu unklaren Bedingungen;
  • Verkehrsminister Nicholas Goche: Vertragsabschlüsse mit Motify Investment ohne Ausschreibung;
  • Bergbauminister Obert Mpofu, Indigenisierungsminister Saviour Kasukuwere und Goodwills Masimirembwa, Vorsitzender der staatlichen Zimbabwe Mining Development Corporation: undurchsichtige Vorgänge bei Vertragsabschlüssen im Zusammenhang mit der Indigenisierung von Unternehmen. Die Angelegenheit erreichte einen Höhepunkt, als zwanzig Mitarbeiter der ZACC versuchten, zwecks Untersuchung von Schmiergeldverdacht die Büros der Minister Mpofu, Kasukuwere and Goche zu betreten. Eine Verfügung des Hohen Gerichts untersagte den ZACC-Leuten die Durchsuchung. Ein Beamter des Gerichts, Elijah Makomo, wurde inzwischen wegen Beihilfe zur Unterzeichnung des Durchsuchungsbefehls entlassen. Den Mitgliedern der Antikorruptionskommission wurde gesagt, ihre Untersuchung käme einem "versuchten Staatsstreich" gleich. Man setzte sie unter Druck, ihre Arbeit erst nach den Wahlen fortzusetzen.

ZACC-Ermittler erklärten gegenüber M & G, über die Parteigrenzen hinweg gäbe es kaum noch Persönlichkeiten mit weißer Weste.

Nach den Verhaftungen und der Verfügung zur Wiedervorführung am 3. April sprach Premierminister Morgan Tsvangirai mit Vizepräsidentin Joice Mujuru. Diese zeigte sich angesichts der Vorgänge schockiert, sah sich aber außerstande, während Mugabes Abwesenheit in Rom etwas zu unternehmen. Dem Hohen Gericht liegt erneut ein Antrag auf Eilverfügung zur unverzüglichen Freilassung Beatrice Mtetwas vor.(12)

Die Verhaftung Mtetwas löste eine Welle von Protesten aus, darunter solche von Amnesty International und Organisationen afrikanischer Rechtsanwälte.(13) Es sieht so aus, als seien Beatrice Mtetwas Einkerkerung und die Demütigungen durch Gefängnisaufseher als Revanche für das couragierte Engagement der Menschenrechtsanwältin zu werten, für das sie bereits international ausgezeichnet wurde. Auch offenbaren die Ereignisse Zimbabwes politische Labilität, ebenso wie die Versäumnisse hinsichtlich der Reform des Sicherheitssektors.(14)

Der MDC-Vertreter für Headlands, Samson Magumura, wurde in Zusammenhang mit der Brandstiftung am Auto eines Funktionärs der ZANU-PF verurteilt. Magumura betrachtet sich als unschuldig und hält das Urteil für politisch motiviert.(15) Die Belegschaft von The Zimbabwean, einer privaten Zeitung, tauchte infolge anoymer Anrufe unter.(16)

Das für Zimbabwe zuständige SADC-Team unter Leitung von Südafrikas Präsident Zuma beobachtete zunächst nur das Referendum (17), kehrte dann aber im Bemühen zurück, die politischen Spannungen zu entschärfen.(18) Morgan Tsvangirai betonte gegenüber den SADC-Beobachtern, die Umsetzung der im Global Political Agreement (GPA) vereinbarten Reformen bleibe eine Vorbedingung für die Wahlen. (19) SADC-Führer hatten sich von MDC enttäuscht gezeigt, da deren Fraktionen sich nicht um die überfälligen GPA-Reformen kümmerten. Gegenüber der SADC-Troika sagte Zuma, die Reformen müssten umgesetzt werden, andernfalls gebe es für den Wahlkampf keine faire Grundlage. Er vertrat auch die Auffassung, SADC-Beobachter sollten nicht nur während der Wahlen, sondern auch vorher und nachher in Zimbabwe sein.(20) Zambia und Tanzania schickten am 20. März Abgesandte in das Joint Monitoring and Implementation Committee (JOMIC). Möglicherweise wird ein außerordentliches Gipfeltreffen der SADC stattfinden, um sich mit der Lage in Zimbabwezu befassen.(21)

Die Rolle der Zimbabwe Electoral Commission (ZEC) wird hinterfragt, nachdem ZEC sich weigerte, wichtige Organisationen aus der Zivilgesellschaft als Beobachter zuzulassen.(22) Einem Bericht des Zimbabwe Democracy Institute (ZDI) zufolge gibt es enge Verbindungen zwischen der ZEC und dem Geheimdienst Central Intelligence Organisation (CIO). ZDI behauptet, die meisten Mitglieder der Wahlkommission hätten einen Geheimdiensthintergrund oder seien ehemalige und in einigen Fällen sogar dienende Armeeoffiziere.(23) Da stellt sich schon die Frage, ob die ZEC in der Lage ist, freie und faire Wahlen durchzuführen, zumal sich deren Besetzung seit 2008 kaum geändert hat, als die Bekanntgabe der Ergebnisse unangemessen hinausgezögert wurde. Jene Wahlen waren überschattet von den Zweifeln der SADC, der Afrikanischen Union und der Internationalen Gemeinschaft, aber die ZEC erklärte die Vorgehensweise für frei und fair.(24) MDC-T wirkt bezüglich der ZEC gespalten. Premier Morgan Tsvangirai entlastet sie von dem Debakel von 2008 und gibt "hinterhältigen Kräften" die Schuld. Andererseits fordert der stellvertretende Justizminister Obert Gutu eine Reform der ZEC.(25)

Auch kam die Zustimmung Tsvangirais zu zwei Ernennungen durch Mugabe überraschend. Dabei ging es erstens um die Ernennung von Jacob Mudenda, Politbüromitglied der ZANU-PF, zum Vorsitzenden der Zimbabwe Human Rights Commission (ZHRC). Zweitens wurde am Vorabend des Referendums Rita Makarau, Richterin am Höchsten Gericht, als Vorsitzende der ZEC vereidigt. Mudenda war Gouverneur in Matabeleland, als dort in den 1980er Jahren die Massaker verübt wurden. Bisher war Tsvangirai strikt dagegen, dass Präsident Robert Mugabe die Vergabe von Funktionärsposten sowie Ernennungen zu Provinzgouverneuren und Botschaftern allein entscheidet.(26)

Man fragt sich, ob Tsvangarai es sich in der Regierung "zu gemütlich" gemacht habe oder ob er nach dem langen Kampf gegen Mugabe resigniere beziehungsweise beides zuträfe.(27) Wie auch immer man die Frage beantwortet, wäre es nicht gut für das Land.

Eine neue Rechtsverordnung soll die Beschaffung der Mittel für die bevorstehenden Wahlen erleichtern.(28)

Indigenisierung

Eine einstweilige Verfügung des Hohen Gerichts schützte das National Indigenisation and Empowerment Board (NIEEB) vor Durchsuchungen der Büros von drei verdächtigen Ministern durch die Zimbabwe Anti-Corruption Commission (ZACC).(29). Über die Generaldirektorin der ZACC, Sukai Tongogara, wird berichtet, sie sei untergetaucht, nachdem sie wegen der Ermittlungen gegen höchste ZANU-PF-Funktionäre bedroht worden war. Sie ist die Tochter Josiah Tongogaras, des verstorbenen, legendären Kommandeurs der ZANLA.(30) ZACC gelobte, die Kommission werde ihre Arbeit fortsetzen.(31)

Tsvangirai forderte Bergbauminister Obert Mpofu auf, die Quelle seines immensen Reichtums zu nennen, der ihn in die Lage versetzte, eine Bank zu erwerben.(32)

Der Bankensektor ist weiterhin gefährdet. Indigenisierungsminister Saviour Kasukuwere besteht darauf, die ausländischen Banken hätten sich bis Ende Juni der Indigenisierungsregel von 51% zu beugen.(33)

Economy

Bei der Internationalen Tourismus-Börse in Berlin erhielt Zimbabwe nicht den nötigen Auftrieb. Das Land war wegen einer schlechten Ausstellung und der Abwesenheit hochrangiger Offizieller, wie etwa dem Tourismusminister, nicht gut vertreten. Zimbabwes und Zambias Gastgeberschaft beim UN-Welttourismusgipfel im August wurde nicht einmal erwähnt. Unterdessen bieten sich sechs Fluggesellschaften als Beförderer für diese Konferenz an.(34)

Allgemeines

Das 200 Millionen Rand schwere Bauprojekt von Robert Mhlanga - Akteur in Zimbabwes Diamantenabbau und enger Vertrauter von Präsident Robert Mugabe - neigt sich dem Ende zu. Das riesige Anwesen in Südafrika gilt als Mugabes Altersruhesitz nach seinem Ausscheiden aus dem Amt.(35)

  1. SW Radio Africa 19.3
  2. VOA Zimbabwe 21.3, SAPA-AFP 21.3,SW Radio Africa 21.3
  3. The Zimbabwean UK 21.3, Voice of America 21.3
  4. The Zimbabwean UK 17.3
  5. SW Radio Africa 20.3, Nehanda Radio21.3
  6. AFP 15.3
  7. Standard 17.3
  8. SW Radio Africa 16.3, SAPA-AFP 16.3, Sokwanele 16.3, 17.3, Standard 17.3,(New Zimbabwe 17.3
  9. AFP 18.3
  10. SW Radio Africa 18.3
  11. SW Radio Africa 21.3
  12. Mail and Guardian 22.3, SW Radio Africa 18.3, 20.3, AP 19.3, Nehanda Radio 18.3
  13. SW Radio Africa 17.3, Sokwanele 17.3, 18.3, SAPA-AFP 17.3, 19.3, AP 19.3, 20.3
  14. Mail and Guardian 20.3
  15. SW Radio Africa 18.3, News24 20.3
  16. VOA Zimbabwe 19.3
  17. VOA Zimbabwe 15.3
  18. VOA Zimbabwe 20.3
  19. Standard 17.3
  20. Daily News 19.3
  21. VOA Zimbabwe 20.3
  22. SW Radio Africa 18.3
  23. Mail and Guardian 15.3
  24. SW Radio Africa 15.3
  25. Zim. Independent 15.3
  26. Zim. Indepenenden 15.3, SW Radio Africa 15.3
  27. Zim. Independent 15.3
  28. Zim. Independent 15.3
  29. Zim. Independent 15.3, Daily News 15.3
  30. Standard 17.3
  31. SW Radio Africa 21.3
  32. SW Radio Africa 21.3
  33. Zim. Independent 15.3
  34. Standard 17.3
  35. SW Radio Africa 20.3



Letzte Änderung: Tuesday, 26-Mar-2013 09:16:17 CET
Vorherige Meldung:
25.3.2013 Ruth Weiss: Zimbabwe before the elections (17b)