Niebel in Simbabwe: "Keine Normalisierung der Beziehungen"
Von Monika Scheffler und Sabine Fiedler-Conradi
Vier Tage währte der Besuch von Minister Niebel Anfang Dezember in
Zimbabwe. Er ist nach 15 Jahren der erste deutsche Minister, der Kontakt
zu führenden Politikern sowie Vertretern der Zivilgesellschaft des
krisengeschüttelten Landes aufnimmt. Daneben besuchte er Projekte der
Entwicklungszusammenarbeit, die wegen der politischen Gewalt in
Zimbabwe seit 2002 offiziell ausgesetzt ist. Welche Bedeutung hat dieser
erste Besuch eines deutschen Ministers nach langen Jahren des
Stillstands deutsch-zimbabwischer Regierungsbeziehungen?
Politische Kontakte des Ministers blieben weitgehend auf Vertreter der
MDC sowie Vizepräsidentin Joyce Mujuru beschränkt, die dem gemäßigten
Flügel der ZANU-PF zugerechnet wird. Ein von Präsident Mugabe gewünschtes
Treffen habe er abgelehnt, sagte Niebel, um zu verhindern, dass sein
Besuch instrumentalisiert werde. Von der MDC traf er mehrere hochrangige
Politiker, darunter Ministerpräsident Morgan Tsvangirai, Finanzminister
Tendai Biti, Bildungsminister David Coltard sowie Energieminister Elton
Mangoma.
Das Gespräch mit Tsvangirai sei offen und herzlich gewesen, sagte
Niebel. Er habe den Eindruck, Tsvangirai sei entschlossen, Zimbabwe zu
einem demokratischen und rechtsstaatlichen Land zu machen und den
wirtschaftlichen Niedergang zu stoppen. Etwas gespannt verlief dagegen
das Gespräch mit Vizepräsidentin Joice Mujuru. Am Treffen nahmen auch
zwei Hardliner der Partei teil, die laut Niebel, das Gespräch
beaufsichtigt hätten.
In Gesprächen mit Vertretern der Zivilgesellschaft dominierte das Thema
der politischen Gewalt, die wieder verstärkt eingesetzt wird, um die
Opposition einzuschüchtern. Abel Chikomo, Direktor des
Menschenrechtsforums Zimbabwe, sagte, Mugabe verfüge über eine
Infrastruktur der Gewalt, die er nach Belieben an- und ausschalte. Nach
einem Gespräch mit ihm, sprach sich Niebel dafür aus, frühzeitig
Wahlbeobachter nach Simbabwe einzuladen. Dies soll gewährleisten, dass
Verfassungsreferendum und Wahlen im Jahr 2013 fair und ohne Gewalt
ablaufen. Da Wahlbeobachter jedoch von der Regierung Zimbabwes
eingeladen werden müssen, ist dies lediglich ein Wunsch des Ministers,
dem er kaum Nachdruck verleihen kann.
Die Besuche bei Entwicklungsprojekten in Zimbabwe illustrieren die
derzeitige Strategie des Bundesministeriums für wirtschaftliche
Entwicklung und Zusammenarbeit. Obwohl die offizielle
Entwicklungszusammenarbeit mit Zimbabwe seit zehn Jahren auf Eis liegt,
werden über den Umweg der Finanzierung nichtstaatlicher
Entwicklungsorganisation viele Projekte in Zimbabwe gefördert. Auch der
Besuch des Ministers bei einem Projekt für Einkommen schaffende
Maßnahmen der Hilfsorganisation HELP ist in diesem Zusammenhang zu
sehen.
Mehr Fragen wirft der Besuch von Niebel in Bulawayo auf. In der
zweitgrößten Stadt Zimbabwes schaute sich der Minister Wasserprojekte
an. Mit deutscher Entwicklungshilfe an die Kommune soll die Deutsche
Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) das dortige
Leitungssystem erneuern. Dies ist ein Großprojekt und die GIZ ist eine
staatliche Entwicklungsorganisation der Bundesrepublik. Auch wenn damit
kein Geld der Entwicklungszusammenarbeit direkt an die zimbabwische
Regierung fließt, kann ein solches Projekt durchaus als vorsichtiger
Wiedereinstieg in die deutsch-zimbabwische Entwicklungszusammenarbeit
gewertet werden.
Letzte Änderung: Thursday, 06-Dec-2012 22:48:15 CET
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