Namibia-Aufruf an den dt. Bundestag
Das Zimbabwe Netzwerk e.V. hat sich folgendem Aufruf angeschlossen:
Aufruf an die Mitglieder des Deutschen Bundestages zur Anerkennung und
Wiedergutmachung des Völkermordes in der ehemaligen Kolonie
"Deutsch-Südwestafrika", der heutigen Republik Namibia
Wir - die unterzeichnenden Schwarzen und weißen Initiativen,
Organisationen und Institutionen der Zivilgesellschaft - begrüßen das mit
der Namibia-Reise des Afrikabeauftragten des Auswärtigen Amtes Anfang
Februar 2012 verbundene Einlenken der Deutschen Bundesregierung und die
dabei erfolgte Aufnahme von direkten Gesprächen mit Verbänden der Opfer
des deutschen Völkermordes von 1904-08. Wir betrachten diese überfällige
Bereitschaft zum Dialog mit den Vertretungen der unmittelbar betroffenen
Völker als einen ersten unverzichtbaren Schritt auf dem Weg zur
Versöhnung zwischen den Menschen in Namibia und Deutschland.
Mit dieser Resolution bringen wir unser Mitgefühl für das den namibischen
Völkern, insbesondere den Herero, Nama, Damara und San zugefügte Leid zum
Ausdruck. Wir sind dankbar für ihre großherzige Bereitschaft zum Gespräch
mit den Nachfahren der Täter und erklären uns solidarisch mit ihrem
Einsatz für "restorative justice" - für eine Gerechtigkeit, die nur aus
Deutschlands aufrichtiger Bereitschaft zur Wiedergutmachung erwachsen
kann. Wir unterstützen ihr Bemühen um eine offizielle Anerkennung des
Völkermordes durch den Deutschen Bundestag und die Bundesregierung.
Ausdrücklich stellen wir uns hinter die Forderung der Opferverbände nach
ideeller und auch materieller Entschädigung für das ihren Völkern
widerfahrene kolonial-rassistische Unrecht sowie für ihre gravierenden
Verluste an Hab und Gut.
Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages fordern wir auf,
- jeder weiteren Leugnung des nach den Kriterien der
UN-Völkermordkonvention von 1948 eindeutig als Genozid zu bewertenden
Völkermordes in der ehemaligen Kolonie "Deutsch-Südwestafrika"
entgegenzuwirken und sich - wie im Falle des Genozids an den Juden - für
seine rückwirkende Anerkennung durch Deutschland einzusetzen;
- die Bundesregierung zu bewegen, den deutschen
Selbstverpflichtungen bei der UN-Weltkonferenz gegen Rassismus in Durban
2001 nachzukommen und die Nachfahren der Opfer des deutschen Völkermordes
offiziell und unmissverständlich um Entschuldigung für den an ihren
Vorfahren verübten Völkermord und die damit einhergehenden Verbrechen
gegen die Menschheit zu bitten;
- den intensiven und regelmäßigen Dialog über die mit einer
Versöhnung zusammenhängenden Fragen - wie u.a. über die Aufarbeitung und
Wiedergutmachung des von Deutschland zu verantwortenden
kolonial-rassistischen Unrechts und seiner bis heute nicht überwundenen
gravierenden Folgen für die Nachfahren der Opfer - mit dem Parlament der
Republik Namibia aufzunehmen und auf den Beschluss konkreter Maßnahmen
ausgerichtet zu führen;
- die Einrichtung einer Bundesstiftung zur kritischen
Aufarbeitung des Genozids und des deutschen Kolonialismus insgesamt sowie
zur Förderung postkolonialer Erinnerungskulturen zu beschließen und diese
zu beauftragen, u.a.
- die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Genozid und
seinen Folgen im Rahmen namibisch-deutscher Forschungsprojekte zu
fördern;
- die Verbreitung des Wissens über Kolonialismus, Rassismus und
ihre Folgen in der deutschen Öffentlichkeit und in den Schulen zu
sichern;
- Austauschprojekte, die zur Versöhnung zwischen den Menschen
beider Länder und zur Bekämpfung von Rassismus beitragen, zu fördern;
- die Dekolonisierung des öffentlichen Raums in Deutschland zu
unterstützen (Stopp der fortgesetzten Ehrung für Kolonialverbrecher mit
Straßennamen und Denkmälern, stattdessen Würdigung von Persönlichkeiten
des afrikanischen Widerstands);
- die Bundesregierung zur konstruktiven Fortführung der
aufgenommenen Gespräche mit der namibischen Regierung und mit den
Opferverbänden zu veranlassen;
- die Bundesregierung zu veranlassen, im Dialog mit der
namibischen Regierung und mit den Opferverbänden angemessene materielle
und strukturelle Wiedergutmachungsleistungen für die gravierenden
ökonomischen Verluste der betroffenen Völker an Land, Vieh und anderem
Eigentum zu vereinbaren;
- die Bundesregierung zu veranlassen, die vereinbarten
Wiedergutmachungsleistungen bedingungslos - d.h. ohne Einmischung in die
freien Entscheidungen des namibischen Staates und der Opferverbände über
deren Verwendung - zu erbringen.
Berlin, den 07.03.2012
AfricAvenir International
Afrika-Rat Berlin-Brandenburg
Afrika-Rat Nord
AFROTAK TV cyberNomads
Artefakte//anti-humboldt
Berliner Entwicklungspolitischer Ratschlag (BER)
Berlin Postkolonial
Deutsch-Afrikanische Gesellschaft Berlin (DAFRIG)
Initiative Schwarze Menschen in Deutschland (ISD-Bund)
Solidaritätsdienst International (SODI)
Mitunterzeichner am 12. März: Zimbabwe Netzwerk e.V., Bielefeld
Initiativen, Organisationen und Institutionen, die ebenfalls
unterzeichnen wollen, wenden sich bitte an:
Weitere Unterzeichner und Infos: www.restitution-namibia.de
Letzte Änderung: Tuesday, 13-Mar-2012 00:18:51 CET
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