Missionsärztliches Institut Würzburg: "Lage dramatisch unterschätzt"
Mitarbeiter des Missionsärztlichen Instituts von Trainingseinsatz in
Simbabwe zurückgekehrt - Cholera breitet sich weiter aus -
Missionskrankenhäuser als Stütze des Gesundheitssystems -
Würzburg/Harare (MI) Simbabwe hält einen traurigen Rekord: Der Ausbruch
der Cholera vor mehr als vier Monaten ist der bisher größte auf dem
afrikanischen Kontinent. "Die Lage wird dramatisch unterschätzt",
sagte Dr. Jenny Dörnemann am Mittwoch, 11. Februar, in Würzburg vor
Journalisten. Die Kinderärztin war zusammen mit dem Arzt Dr. Joost
Butenop vom Missionsärztlichen Institut Würzburg für 16 Tage lang in dem
einstigen afrikanischen Vorzeigestaat unterwegs. Im Auftrag des
katholischen Hilfswerks Caritas international brachten sie 400 Ärzten,
Schwestern und Hilfspersonal in drei Missionskrankenhäusern in
Matabeleland bei, wie sie sich im Fall eines Ausbruchs der
Infektionskrankheit zu verhalten haben.
100 US-Dollar pro Geburt
Obwohl Cholera gut zu behandeln ist, haben sich nach Schätzungen der
Weltgesundheitsorganisation bisher mehr als 70.000 Menschen infiziert,
rund 4.000 sind daran gestorben. Dörnemann und Butenop halten die Zahlen
für zu gering und gehen einschließlich einer hohen Dunkelziffer von
mindestens 100.000 Kranken und bis zu
8.000 Toten aus. Besonders tragisch: "Die Menschen wissen, dass Zucker-
und Kochsalzlösung helfen, aber die Läden sind leer", so Butenop.
Desolat ist die Lage auch in den staatlichen Krankenhäusern. Eine Geburt
kostet 100 US-Dollar. "Dafür kann sich eine Schwangere nicht einmal auf
einen gereinigten Geburtstisch legen", nennt der Arzt nur ein Beispiel.
Noch hat die Cholera die drei kirchlichen Krankenhäuser nicht so fest im
Griff wie etwa in der Hauptstadt Harare. Laut Butenop ist dort nicht nur
das Wasser- und Abwassersystem völlig zum Erliegen gekommen. Die
Leitungen wurden vor Jahrzehnten für eine 500.000-Einwohner-Stadt
gebaut. Inzwischen leben in Harare rund zwei Millionen Menschen, die es
gewohnt sind, dass aus dem Wasserhahn sauberes Trinkwasser fließt. Damit
ist es vorbei - eine günstige Voraussetzung für die Verbreitung der
Krankheit.
Strom und Chlortabletten fehlen
Die Menschen können das Wasser entweder abkochen oder mit Chlortabletten
desinfizieren. Doch Elektroherde brauchen Strom, Chlortabletten stehen
nicht ausreichend zur Verfügung, wie Butenop in Harare beobachtet hat.
Und selbst wenn sie zu haben sind, sind sie unerschwinglich. Die
Inflation geht mir rasender Geschwindigkeit weiter. Mittlerweile werden
Geldscheine gedruckt, die zehn Trillionen Simbabwe-Dollar wert sind. 168
Trillionen verdient ein Arzt - umgerechnet zwölf US-Dollar.
Anders als in den staatlichen Krankenhäusern, die ihr Personal nicht
mehr bezahlen können, kann der Betrieb in den Missionskrankenhäusern
weitergehen. Das vom Staat gezahlte Gehalt der Mitarbeiter wird von
Hilfsorganisationen wie Misereor oder von der EU aufgestockt. Dazu
kommen zahlreiche Unterstützergruppen aus dem Ausland. Die abgeschiedene
Lage der Krankenhäuser in Matabeleland wird voraussichtlich dazu
beitragen, dass sich die Zahl der Erkrankungen in Grenzen hält. Dennoch
ist nach Butenops und Dörnemanns Einschätzung damit zu rechnen, dass es
nicht bei den wenigen Krankheitsfällen bleibt.
Nicht zu vergessen ist, dass Ärzte und Schwestern nicht nur gegen die
Cholera zu kämpfen haben, sondern auch gegen HIV/Aids, Tuberkulose oder
eine hohe Müttersterblichkeit. Angesichts der humanitären Katastrophe
sieht der MI-Vorsitzende, der Tropenmediziner
Dr. August Stich, in den Missionskrankenhäusern wichtige Stützpunkte für
einen Wiederaufbau des Gesundheitssystems. Es sei Aufgabe des MI, die
vorhandenen Strukturen durch fachliche Begleitung zu stützen. Laut
Geschäftsführer Karl-Heinz Hein-Rothenbücher fühlt sich das Institut
verpflichtet, die kirchlichen Gesundheitsdienst in der Erzdiözese
Bulawayo zu stützen.
Immerhin pflegt die katholische Fachstelle für internationale Gesundheit
zu den Hospitälern St. Luke's in Lupane und St. Anne's in Brunapeg seit
mehr als 60 Jahren intensive Beziehungen.
Zwei Mitglieder hat das MI vor kurzem nach Lupane ausgesandt. Das
Ehepaar Petra und Frank Burger. Frank Burger wird die Strom- und
Wasserversorgung des Krankenhauses optimieren. Das ist umso notwendiger,
als die Cholera das Land noch lange im Griff haben wird. Nach Dörnemanns
Worten überlebt der Erreger die Trockenzeit, um sich während der
Regenzeit ab November weiter zu verbreiten. "Dann bricht die Krankheit
wieder aus."
Elke Blüml - Salvatorstr. 7 - 97074 Würzburg - Tel.: 0931/791-2893 -
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Letzte Änderung: Thursday, 19-Feb-2009 19:37:54 CET
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