Offener Brief des Zimbabwe Netzwerk e.V. an die Regierungen der Staatengemeinschaft des Südlichen Afrika SADC zu der Stichwahl in Zimbabwe am 27.6.2008
Wir wenden uns an Sie, weil wir äußerst beunruhigt sind über das immer noch zunehmende Ausmaß an politischer Gewalt in Zimbabwe. Eine freie und faire Wahl ist bei der auf den 27. Juni 2008 festgesetzten Stichwahl zum Amt des Präsidenten unter diesen Bedingungen nicht möglich.
Berichtet wird von Gewalttaten der Anhänger beider Seiten. Aber die große Mehrheit der Berichte stimmt darin überein, dass Opfer dieser Gewalt in den allermeisten Fällen Mitglieder oder Anhänger der MDC sind oder Menschen, die der Sympathie für MDC verdächtigt werden. Berichtet wird von äußerst brutalen Übergriffen, von Folter, Mord und Zerstörung von Hab und Gut. Die Gewalt richtet sich nach diesen Berichten gegen Männer und Frauen, alt und jung, gegen einzelne und gegen ganze Dorfgemeinschaften und soziale Gruppen. Sie sind Ziel von Angriffen, weil sie bei den Wahlen am 29. März „nicht richtig gewählt“ haben, Wahlhelfer oder Wahlbeobachter waren. Viele Menschen sind aus den von der Gewalt besonders betroffenen Gegenden geflohen.
Besonders beunruhigend ist es, dass bisher nicht erkennbar ist, dass die staatlichen Stellen gegen die Gewalttäter vorgehen, besonders dann nicht, wenn es sich bei den Tätern um Anhänger der ZANU-PF handelt. Damit wird den Gewalttätern von staatlicher Seite ein Freibrief für ihr Tun ausgestellt.
Der Exekutivsekretär der SADC , Tomaz Salomao, hat festgestellt, dass gegenwärtig weder sichere Bedingungen für die Stichwahl herrschen noch dass ein fairer Ablauf gesichert ist. Der von SADC als Vermittler für Zimbabwe bestimmte Präsident Südafrikas, Thabo Mbeki, hat eine hochrangige Kommission zur Untersuchung der Gewalt nach Zimbabwe geschickt. Wir begrüßen diese Schritte.
Damit am 27.6. eine freie und faire Wahl stattfinden kann, die den Prinzipien und Richtlinien von SADC entspricht, ist es notwendig, dass die politische Gewalt umgehend ein Ende nimmt, Gewalttäter von Polizei und Justiz zur Rechenschaft gezogen werden und beide Seiten von jetzt an ungehindert und frei von Behinderungen und von Einschüchterung für ihre Kandidaten werben können. Wir möchten SADC, die Regierungen der Mitgliedsstaaten und Präsident Thabo Mbeki als den von SADC bestimmten Vermittler bitten, jetzt alles in ihrer Macht Stehende zu tun, um dieses Ziel zu erreichen.
Weiterhin halten wir es für notwendig, dass SADC die vorgesehene Gruppe von Wahlbeobachtern zum frühest möglichen Zeitpunkt nach Zimbabwe entsendet, damit sie bereits die Vorbereitungen auf die Wahl beobachten und feststellen können, ob tatsächlich Gewalt und Einschüchterung im Vorfeld der Wahlen aufhören. Nach den Erfahrungen bei der Wahl am 29. März ist es weiterhin notwendig, dass diese Wahlbeobachter auch nach dem Wahltag mindestens bis zur Verkündung des offiziellen Wahlergebnisses tätig bleiben.
Viele von uns in der Organisation "Zimbabwe Netzwerk e.V." in Deutschland haben in Zimbabwe gearbeitet und sich für die Entwicklung des unabhängigen Zimbabwe eingesetzt. Wir sind davon überzeugt, dass es für eine Lösung der tiefen und schmerzlichen Krise, die das Land und seine Menschen gegenwärtig durchmachen, von entscheidender Bedeutung ist, dass die Bevölkerung Zimbabwes in der angesetzten Stichwohl ohne Einschüchterung und Zwang entscheiden kann . Andernfalls ist eine weitere Verschärfung der Situation zu befürchten, mit negativen Folgen für die ganze Region.
Bielefeld/Goch 23.5.2008
Letzte Änderung: Wednesday, 28-May-2008 22:51:29 CEST
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